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Vorsteuer: Strafrechtliche "Rückwirkung" bei Rechnungsberichtigung?

Der EuGH geht steuerlich davon aus, dass eine Rechnungsberichtigung im Einzelfall eine steuerliche Rückwirkung haben kann (Urteile "Senatex" und "Barlis 06" vom 15.9.2016). Doch ergibt sich hieraus auch eine strafrechtliche "Rückwirkung"?

Die steuerrechtliche Lösung kann jedenfalls nicht ohne weitere Begründung unmittelbar auf die bußgeld- oder strafrechtliche Beurteilung übertragen werden. Denn im Handlungszeitpunkt der Voranmeldung war der Unternehmer noch nicht im Besitz ordnungsgemäßer Rechnungen. Insofern bleibt abzuwarten, ob deutsche Strafgerichte den Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung als eine steuerlich erhebliche Tatsache im Sinne des objektiven Tatbestands der § 370 , § 378 Abs. 1 AO ansehen. Eine solche Sichtweise würde dazu führen, dass die Geltendmachung der Vorsteuer ohne Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung eine unrichtige Erklärung wäre, welche zu einer zu niedrigen Umsatzsteuerfestsetzung führt (§ 168 Satz 1 AO ). Bei einem Rotbetrag ist noch die Zustimmung des Finanzamts notwendig, so dass zuvor (nur) ein strafbarer Versuch in Betracht käme.

Ob sich diese formelle Sichtweise oder eine mehr materielle Sichtweise durchsetzen wird, ist noch unklar.

Nun ergeben sich neue Verteidigungsansätze durch die EuGH-Rechtsprechung. Hierauf weist Rechtsanwalt Dirk Beyer in NWB 2016, S. 3845 hin: Der EuGH geht in seiner „Senatex“-Entscheidung davon aus, dass der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung nur eine formelle und keine materielle Voraussetzung für die Geltendmachung des Vorsteueranspruchs ist und ermöglicht hierdurch die steuerliche Rückwirkung bei einer Berichtigung. Die bisherige BFH-Rechtsprechung, welche in dem Besitz eine materielle Voraussetzung sieht, wird daher nach Ansicht von Rechtsanwalt Dirk Beyer überprüft werden müssen. Allerdings geht auch der EuGH davon aus, dass der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung notwendig (jedoch nicht alternativlos) ist, um den Vorsteueranspruch geltend zu machen. Nach der Entscheidung "Barlis 06" können im Einzelfall auch weitere Darlegungen genügen.

Weitere Hinweise zu dieser aktuellen Frage der Beratungspraxis gibt Rechtsanwalt Dirk Beyer in NWB Nr. 51/2016, S. 3845.

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