Nießbrauchrecht

Will sich der Schenker den Nießbrauch vorbehalten, so strebt er das dingliche Recht an, die Nutzungen des mit diesem Recht belasteten Gegenstands zu ziehen. Die Bestellung des Nießbrauchs an einem Grundstück setzt Einigung und Eintragung im Grundbuch voraus. Rechtstechnisch kann bei der Bestellung des Nießbrauchs in dreierlei Weise vorgegangen werden: Der Eigentümer kann den Nießbrauch als sog. Eigentümernießbrauch bestellen, also noch vor der Übertragung des Eigentums an den Erwerber. Möglich ist es auch, dass der Erwerber den Nießbrauch nach Eigentumsübertragung bestellt. Schließlich können Eigentumsübertragung und Nießbrauchsbestellung in einem Akt vorgenommen werden, was der häufigste Fall ist. Die Einigung zwischen den Schenker und Beschenktem hat dann eine doppelte Bedeutung, weil sie sich sowohl auf die Eigentumsübertragung als auch auf die Nießbrauchsbestellung erstreckt. Dem Nießbraucher steht ein umfassendes Nutzungsrecht zu. Bei dessen Ausübung hat er aber die wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu verfahren. Er ist nicht berechtigt, die Sache umzugestalten oder wesentlich zu verändern. Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache, welche durch die ordnungsgemäße Ausübung des Nießbrauchs herbeigeführt werden, hat der Nießbrauch allerdings nicht zu verantworten. Das Nießbrauchsrecht ist nicht vererblich und kann nicht übertragen werden, allerdings kann die Ausübung des Rechts einem anderen überlassen werden. Ein Nießbrauchsrecht kann mehreren Berechtigten (z. B. Ehegatten) eingeräumt werden, z.B. in der Weise, dass mehrere Personen gleichzeitig oder zeitlich nacheinander den Nutzen aus dem Nießbrauch ziehen können. Ein Nießbrauch kann darüber hinaus auch als Bruchteils- oder Quotennießbrauch vereinbart werden. In diesen Fällen kommt es zu einer Aufteilung der Nutzungsbefugnisse an der Immobilie kommt. Beim Bruchteilsnießbrauch wird der Nießbrauch nur an einem ideellen Bruchteil der Immobilie bestellt, während beim Quotennießbrauch zwar die gesamte Immobilie mit dem Nießbrauch belastet wird, der Nießbraucher aus den Nutzungen aber nur eine Quote (z.B. ein Viertel) erhält.

Beim Nießbrauch an Grundstücken ist von zentraler Bedeutung, wer im Verhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher für die Kosten des Unterhalts und des Erhalts der Sache (insbesondere Reparaturen) aufzukommen hat. Von einem sog. Nettonießbrauch ist die Rede, wenn der Nießbraucher praktisch alle Kosten und Lasten tragen soll, die er auch als Eigentümer zu tragen hatte. Von einem sog. Bruttonießbrauch spricht man, wenn der Nießbraucher umgekehrt von allen Kosten und Lasten freigestellt werden soll. Letzteres wird häufig gegenüber Minderjährigen vereinbart. Nach der gesetzlichen Regelung hat der Nießbraucher für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen sowie Ausbesserungen und Erneuerungen zu tragen, soweit sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Außergewöhnliche Unterhaltungsmaßnahmen (z. B. Dachsanierung, Wiederaufbau des zerstörten Gebäudes) obliegen dagegen im gesetzlichen Normalfall dem Eigentümer. Aus steuerlicher Sicht kann es jedoch ratsam sein, als Nießbraucher auch die außergewöhnlichen Maßnahmen bei der Bestellung des Nießbrauchs zu übernehmen, um die Abschreibung nutzen zu können. Für den Versicherungsschutz des Gebäudes hat von Gesetzes wegen der Nießbraucher zu sorgen. Er ist es auch, der die laufenden öffentlichen lasten (insb. Grundsteuer, Kanalisation, Straßenreinigung) zu tragen hat. Der Eigentümer wieder hat die außergewöhnlichen Lasten zu tragen. Dies sind bspw. die Erschließungskosten und Anliegerbeiträge. Der Nießbraucher hat die Zinsen für Grundpfandrechte zu tragen während der Eigentümer die Tilgungsleistungen für Grundpfandrechte zu übernehmen hat. Auch hier empfiehlt es sich, steuerliche Überlegungen anzustellen und die Tilgungsleistungen für Grundschulden dem Nießbraucher zu überantworten und die Übernahme der Grundschuldverbindlichkeiten unter die aufschiebende Bedingung zu stellen, dass der Nießbrauch endet. Die so vereinbarte Schuldübernahme kann u.U. als Abzugsposten bei der Schenkungssteuer berücksichtigt werden. 

Ein Nießbrauch kann auch an übertragbaren Rechten bestellt werden. Im Falle von Personengesellschaften ist das der Fall, wenn der Gesellschaftsanteil entweder bereits aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag übertragbar ist oder sämtliche Mitgesellschafter der Übertragung zustimmen. Aufgrund des häufig praktizierten sog. Vier-Konten-Modells in Personengesellschaften sollte bei Einräumung eines Nießbrauchs stets klargestellt werden, ob der Nießbrauch auch die bei der Gesellschaft bestehenden Darlehens- oder Verrechnungskonten des Gesellschafters erfasst. Auch Sonderbetriebsvermögen sollte ausdrücklich klarstellend angesprochen werden, da dieses nur steuerlich dem Mitunternehmeranteil eines Gesellschafters zugerechnet wird, nicht jedoch zivilrechtlich. Der Nießbrauch erstreckt sich daher grundsätzlich nicht auf Sonderbetriebsvermögen. Bei der Kapitalgesellschaft (insbesondere der GmbH) ist der Anteil grundsätzlich übertragbar, wenn die Übertragung nicht durch Satzung ausgeschlossen oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig ist (Vinkulierung). Letzteres ist in der Praxis regelmäßig in der Satzung vereinbart. Soweit ein Anteil danach nicht übertragbar ist, scheidet auch eine Nießbrauchsbestellung hieran aus, wenn die Mitgesellschafter dem nicht zustimmen. Die Satzung der Kapitalgesellschaft kann selbstverständlich bereits weitergehende Regelungen zu einem Nießbrauch beinhalten. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Die Nießbrauchsbestellung an GmbH-Anteilen ist notariell beurkundungsbedürftig, nicht dagegen die bloße Verpflichtung zur Nießbrauchsbestellung. 

Der Gewinn einer Gesellschaft wird bei Personen- und Kapitalgesellschaften in unterschiedlicher Weise zugerechnet und verteilt. Dies hat auch Auswirkungen auf einen Nießbrauch. Bei Personengesellschaften erstreckt sich der Anspruch des Nießbrauchers auf den sog. entnahmefähigen Ertrag laut Handelsbilanz. Dies ist nicht gleichbedeutend mit dem Bilanzgewinn. Hinsichtlich der Entnahmefähigkeit ist der Nießbraucher an den Gesellschaftsvertrag und die Beschlüsse der Gesellschafter gebunden. Dies bedeutet, dass ohne abweichende Regelung der Inhaber des Gesellschaftsanteils an Beschlüssen mitwirken darf, die die Entnahmefähigkeit einschränken. Auch was auf gesamthänderisch gebundene Konten gebucht wird, steht dem Nießbraucher nicht zu. Dies betrifft insbesondere Buchungen auf dem Kapitalkonto II, dem Rücklagenkonto und ähnlichen Konten. Soll der Nießbraucher mehr als den ausgeschütteten Gewinn erhalten, ist hierüber nicht nur eine ausdrückliche Regelung erforderlich, sondern auch sicherzustellen, dass eine solche Zuordnung an den Nießbraucher gesellschaftsrechtlich durchführbar ist. Solche Überlegungen sind auch im Hinblick auf außerordentliche Erträge anzustellen, wie sie sich bspw. aus der Auflösung stiller Reserven ergeben sowie hinsichtlich der Ausschüttung von Gewinnrücklagen aus Zeiträumen vor der Nießbrauchsbestellung. Nicht fehlen sollte im Übrigen eine Regelung zum Steuerentnahmerecht des Nießbrauchers, soweit dieser Steuern auf nicht entnahmefähige Gewinne zu zahlen hat. Bei den Kapitalgesellschaften setzt ein Gewinnanspruch einen Gewinnverwendungsbeschluss voraus. Daher hat der Nießbraucher erst dann einen Gewinnanspruch, wenn eine Ausschüttung durch die Gesellschafterversammlung beschlossen wurde. Allerdings stehen dem Nießbraucher (anders als bei der Personengesellschaft) auch die Gewinne zu, die aus der Auflösung eines Gewinnvortrags oder von Rücklagen aus der Zeit vor Nießbrauchsbeginn stammen.