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Aussetzung der Vollziehung

Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist in der Praxis das wichtigste Mittel gegen eine Vollstreckung von Steuerbescheiden. LHP Rechtsanwälte bieten Rechtsberatung bei der Vorbereitung und begleiten bei der Durchsetzung von Einsprüchen beim Finanzamt. 

Wenn rechtswidrige Steuerbescheide gegen Mandanten ergehen, ist Einspruch beim Finanzamt geboten. Der Einspruch alleine genügt jedoch nicht, weil der Steuerbescheid trotz Einspruchs vollstreckbar bleibt. Die Vollstreckung kann nur dadurch (zunächst) verhindert werden, wenn gleichzeitig ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gestellt wird. Trotz der gebotenen Eile empfiehlt es sich aufgrund unserer Praxiserfahrung, diesen sorgfältig zu begründen. Hierzu sollte die Sach- und Rechtslage auf alle Aspekte dahingehend abgeklopft werden, welche gegen die Steuerbescheide vorgetragen werden können. Wir geben hier einen kurzen Überblick mit Praxishinweisen, um betroffenen Mandanten eine erste Orientierung zu geben. Eine konkrete Besprechung des Einzelfalles lohnt sich stets, um die Besonderheiten des betroffenen Falles herauszuarbeiten. Je überzeugender argumentiert wird, desto durchschlagender ist der Erfolg eines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung. Die Praxiserfahrung zeigt, wie ein solcher Antrag formuliert werden sollte.

Wann stoppt ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung die Vollstreckung?

Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gem. § 361 Abgabenordnung (AO) wird von uns Steueranwälten immer dann als eine Lösungsmöglichkeit mit dem Mandanten besprochen, wenn ein rechtswidriger Steuerbescheid angefochten und dessen Vollstreckung abgewehrt werden soll.

Für den Erfolg des Antrages genügt es bereits, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Bescheides bestehen. Alternativ genügt auch eine sog. unbillige Härte:

  • Ernstliche Zweifel bestehen bereits dann, wenn gewichtige Gründe für die Rechtswidrigkeit des Bescheides sprechen. Es ist nicht erforderlich, dass mehr Gründe für die Rechtswidrigkeit als für die Rechtmäßigkeit sprechen.
  • Eine unbillige Härte setzt voraus, dass z.B. durch die Vollstreckung eine Existenzgefährdung des Mandanten eintreten würde. Insofern ist aber der Vorsicht geboten. Je mehr eine schlechte wirtschaftliche Lage des Mandanten dargelegt wird, desto mehr besteht auch das Risiko, dass das Finanzamt eine AdV nur mit der Auflage einer Sicherheitsleistung (z.B. Leistung einer Bürgschaft, vgl. unten) verbindet.

Hierbei wird in der Praxis aber leider immer wieder ein Fehler gemacht: Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung setzt zwingend voraus, dass gegen den betreffenden Steuerbescheid fristgerecht Einspruch eingelegt wird.

Hinweis: Fristgerechter Einspruch

Keine AdV ohne fristgerechten Einspruch! Sollte die ablehnende Einspruchsentscheidung des Finanzamtes betreffend den Steuerbescheid ergehen, so setzt AdV dann eine fristwahrende Klage beim Finanzgericht gegen den Steuerbescheid voraus.

Wichtig ist auch wissen, dass ein Antrag auf AdV nur in diesen Anfechtungssituationen der richtige Antrag im einstweiligen Rechtschutz ist. Wenn es hingegen um die Durchsetzung eines Anspruchs gegen das Finanzamt geht, z.B. wenn ein Stundungsantrag durchgesetzt werden soll, so kann kein solcher Antrag auf AdV gestellt werden. Vielmehr kommt dann einstweiliger Rechtsschutz nur in Form eines Antrages auf einstweilige Anordnung gem. § 114 Finanzgerichtsordnung (FGO) in Betracht. Dieser Antrag kann jedoch nicht beim Finanzamt gestellt werden. Zuständig ist vielmehr direkt das Finanzgericht.

Wie entscheidet das Finanzamt?

Zunächst ist das Finanzamt und nicht das Finanzgericht für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) zuständig. Ein Antrag auf AdV führt zu einem sog. summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Dies bedeutet, dass das Finanzamt keine endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides trifft, sondern die Rechtmäßigkeit vorläufig beurteilt. Hierbei muss das Finanzamt sämtliche Aspekte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht berücksichtigen. Jedoch werden keine aufwändigen Beweise erhoben. In der Praxis müssen daher sämtliche Umstände im Antrag glaubhaft gemacht werden (z.B. Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung, Fotos, schriftliche Zeugenaussagen, Urkunden, Verträge usw.).

Sobald ein AdV-Antrag beim Finanzamt gestellt wird, ist das Finanzamt verpflichtet, vorläufig von der Vollstreckung abzusehen. Dieses vorläufige Verbot gilt jedoch nicht, wenn der Antrag auf AdV offensichtlich unzulässig ist (z.B. weil der fristgerechte Einspruch gegen den Bescheid fehlt). Das Finanzamt prüft dann, ob sich aufgrund des Antrages ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ergeben. Solange diese Prüfung nicht abgeschlossen ist, darf das Finanzamt nicht vollstrecken.

Hinweis: Möglichkeiten des Steueranwaltes bei Drohung Vollstreckung trotz erfolgten Antrages auf Aussetzung der Vollziehung

In Einzelfällen berichten uns Mandanten, dass Finanzämter trotz eines Antrages auf AdV die Vollstreckung androhen. In diesen Fällen nehmen wir Kontakt mit dem Finanzamt auf und klären, ob der Antrag auf AdV zulässig und begründet ist. Dann muss das Finanzamt die Vollstreckung vorläufig unterlassen. Ist der Antrag auf AdV hingegen bisher nicht begründet worden, so muss die Begründung so zügig wie möglich nachgeholt werden.

Sollte das Finanzamt die ernstlichen Zweifel aufgrund des Antrages annehmen, so erlässt es eine Verfügung betreffend die AdV. In diesem Schreiben setzt es den betreffenden Steuerbescheid bis zu einer Entscheidung über den Einspruch von der Vollziehung aus. Gleichzeitig informiert es die Vollstreckungsstelle.

Hinweis: Kopie des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung an die Gewerbesteuerstelle senden

Wenn ein Antrag auf AdV betreffend einen Gewerbesteuermessbescheid des Finanzamtes gestellt wird, sollte eine Kopie an die Gewerbesteuerstelle der Gemeinde übersandt werden. Zwar entscheidet diese nicht über den Antrag. Jedoch ist nur so sicher gestellt, dass nicht versehentlich eine Vollstreckung der Gewerbesteuer geschieht.

Für die Zeit der AdV-Gewährung werden – wenn der Mandant im Ergebnis das Einspruchs- und Klageverfahren verlieren sollte – sog. Aussetzungszinsen i.H.v. 6% pro Jahr festgesetzt. Im Einzelfall kann es wirtschaftlich sinnvoller sein, die Steuerschuld unter Vorbehalt zu zahlen. Insofern können sich ggf. Erstattungszinsen i.H.v. 6% pro Jahr bei einem Erfolg ergeben.

Wenn das Finanzamt die AdV-Gewährung ablehnt, so muss die Steuer i.d.R. innerhalb einer Woche gezahlt werden. Aber auch dann gibt es eine weitere Möglichkeit: Wir besprechen dann die Möglichkeit, beim Finanzgericht einen Antrag auf AdV zu stellen (§ 69 Finanzgerichtsordnung – FGO). Grundsätzlich kann ein solcher Antrag beim Finanzgericht aber nur dann gestellt werden, wenn zuvor das Finanzamt den Antrag abgelehnt hat.

Das Finanzamt hat außerdem Ermessen, ob es eine AdV gewährt, diese jedoch von der Leistung einer Sicherheit abhängig macht. Dieses Ermessen ist jedoch nicht frei. Vielmehr muss das Finanzamt unter Abwägung aller Gesichtspunkte pflichtgemäß entscheiden.

Hinweis: Sicherheitsleistung als Auflage zur Gewährung der Aussetzung der Vollziehung

Das Finanzamt gewährt die AdV unter der Auflage, dass der Mandant z.B. eine Bankbürgschaft in Höhe der Steuer stellt. Hiermit ist dem Mandanten jedoch in der Regel nicht geholfen. Dies sieht auch der Gesetzgeber so: Wenn das Finanzamt eine Sicherheitsleistung verlangt, kommt dies einer Ablehnung des Antrages auf AdV gleich. Auch in diesem Fall ist daher der Weg zum Finanzgericht eröffnet, um dort einen Antrag auf AdV zu stellen.

Tipp: Risiken der Beantragung einer Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung abwägen

In der Praxis sollte eher nicht ausdrücklich beantragt werden, dass die AdV „ohne Sicherheitsleistung“ gewährt wird. Denn dieser Antrag führt nur dazu, dass sich das Finanzamt erst recht Gedanken hierüber machen wird. Wenn das Finanzamt bereits Vollstreckungshandlungen durchgeführt hat, so sollte gleichzeitig ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckung gestellt werden.

Beispiel: Voraussetzungen zur Aufhebung einer Pfändung

Das Finanzamt hat ein Konto gepfändet. Bei Erfolg des Antrages auf AdV und Aufhebung der Vollziehung muss diese Kontopfändung aufgehoben werden.

Wie entscheidet das Finanzgericht?

Auch das Finanzgericht entscheidet über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) im sog. summarischen Verfahren. Es handelt sich somit um eine vorläufige Entscheidung des einstweiligen Rechtsschutzes. Erst im Klageverfahren (Hauptsacheverfahren) wird eine endgültige Entscheidung getroffen. Die AdV-Entscheidung des Finanzgerichts ist jedoch ein wichtiger Hinweis, um die spätere Hauptsache-Entscheidung prognostizieren zu können. Denn es entscheidet grundsätzlich der identische Senat des Finanzgerichts. Ein AdV-Antrag beim Finanzgericht hat daher auch den Vorteil, in deutlich kürzerer Zeit den Erfolg des Klageverfahrens abschätzen zu können.

Inhaltlich entscheidet das Finanzgericht nach den gleichen rechtlichen Maßstäben wie das Finanzamt. Es genügen daher ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides oder eine sog. unbillige Härte (vgl. oben).

Hinweis: Zur Beantragung der Aussetzung der Vollziehung

Die Praxis zeigt, dass in manchen Fällen vergessen wird, zunächst für alle betroffenen Bescheide einen Antrag auf AdV beim Finanzamt zu stellen und dessen Ablehnung abzuwarten. Ein unmittelbarer Antrag beim Finanzgericht ist nur in Ausnahmefällen zulässig (z.B. wenn das Finanzamt mit der Vollstreckung beginnt). Erst nach Ablehnung durch das Finanzamt kann ein Antrag beim Finanzgericht gestellt werden.

Auch hier gilt: Ein AdV-Antrag ist unzulässig, wenn der Steuerbescheid nicht fristgerecht mittels Einspruchs bzw. Klage angefochten worden ist.

Gewährt das Finanzgericht die AdV, so ordnet es durch Beschluss die Aussetzung der Vollziehung für die jeweilige Verfahrensstufe an (also zeitlich befristet bis zur Einspruchsentscheidung oder bis zur Entscheidung über die Klage beim Finanzgericht). Das Finanzgericht hat wie das Finanzamt Ermessen, ob es eine Sicherheitsleistung als Auflage anordnet (vgl. oben).

Hinweis: LHP Rechtsanwälte zu den Bedingungen der Sicherheitsleistung 

Nach unserer Ansicht muss das Finanzgericht die AdV im Grundsatz ohne Sicherheitsleistung gewähren, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen oder die Vollstreckung unbillig wäre. Nur in begründeten Ausnahmefällen kommt eine Sicherheitsleistung in Betracht. Eine ablehnende Entscheidung des Finanzgerichts über den AdV-Antrag kann nur in Einzelfällen beim Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschwerde angefochten werden. Hierzu muss das Finanzgericht die Beschwerde aber aus bestimmten Rechtsgründen zugelassen haben. Dies bedeutet, dass ein Antrag beim Finanzgericht besonders sorgfältig und umfassend vorbereitet und begründet werden sollte. In der Praxis besteht meist keine Zugangsmöglichkeit zum BFH.

Wie kann Aussetzung der Vollziehung der Gewerbesteuer und bei Folgebescheiden erreicht werden?

Ansatzpunkt sind in diesen Fällen die sog. Grundlagenbescheide. Diese müssen zunächst fristgerecht mittels Einspruchs bzw. anschließender Klage beim Finanzgericht angefochten werden.

Bei der Gewerbesteuer ist der Gewerbesteuermessbescheid des Finanzamtes der zugehörige Grundlagenbescheid. Dieser ist daher mittels Einspruchs anzufechten und es ist ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) beim Finanzamt (nicht bei der Gemeinde als Gewerbesteuerstelle) zu stellen.

In sonstigen Fällen von Folgebescheiden ist jeweils zu prüfen, welcher Bescheid der Grundlagebescheid ist. Dies ist bei Einkünften aus einer Personengesellschaft (z.B. GmbH & Co. KG) der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte bei der Personengesellschaft. Dieser Bescheid ist daher mittels Einspruchs anzufechten und insofern ein Antrag auf AdV zu stellen. Das Finanzamt informiert dann das (ggf. andere) Finanzamt über den AdV-Antrag, welches für den Folgebescheid (z.B. Einkommensteuer des Gesellschafters) zuständig ist. Dieses andere Finanzamt darf dann vorläufig nicht vollstrecken.

Damit die Gewerbesteuerstellen und Finanzämter für die persönliche Besteuerung (zuständig für die Folgebescheide) von dem Antrag auf AdV betreffend den Grundlagenbescheid zeitnah erfahren, informieren wir stets unverzüglich auch diese Behörden. Denn diese sind für die Vollstreckung der Folgebescheid zuständig. Eine Besonderheit besteht für die Anordnung einer Sicherheitsleistung (z.B. Bürgschaft): Über eine solche Auflage zur AdV entscheidet die Behörde, welche für den Folgebescheid zuständig ist (z.B. die Gewerbesteuerstelle). Diese Befugnis hat diese Behörde jedoch nicht, wenn das für den Grundlagenbescheid zuständige Finanzamt die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen hat. Wir Steueranwälte wägen im Einzelfall ab, ob wir daher bereits beim Grundlagen-Finanzamt auf einen solchen Ausschluss hinwirken. Dies hängt von den Erfahrungen mit einzelnen Behörden ab.

LHP Rechtsanwälte zusammenfassend zum Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

Zusammenfassend bietet ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) eine effektive Möglichkeit des vorläufigen Rechtsschutzes gegen das Finanzamt. Das Verfahren weist jedoch Fallstricke auf. Die Praxis zeigt, dass Formalien auch hier eine besondere Bedeutung haben und beachtet werden müssen. Ein Antrag auf AdV sollte zudem trotz der gebotenen Eile sorgfältig und überzeugend begründet werden. Ansonsten macht es der Mandant dem Finanzamt zu leicht, den Antrag schnell abzulehnen.

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