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Steuerhinterziehung und Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug im Schrotthandel

Die Klägerin betrieb einen Schrotthandel und wurde im April 2008 von der Steuerfahndung durchsucht. In Folge der Steuerfahndungsprüfung wurde der Klägerin der Vorsteuerabzug aus von ihr selber erstellten Gutschriften mit der Begründung versagt, bei der Anlieferung von Schrott reiche es nicht aus, die Steuernummer und den Personalausweis sowie die Reisegewerbeanmeldung des Anlieferenden zu überprüfen. Ein Schrotthändler könne sich diesbezüglich nicht auf vorgelegte Papiere verlassen, sondern müsse sich ein umfassenderes Bild verschaffen. Insbesondere bei „jungen, evtl. alkoholisierten Kerlen“ dürfe ein Schrotthändler nicht davon ausgehen, dass es sich um Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts handele. In solchen Fällen müsse der Schrotthändler im Zweifel auf ein entsprechendes Geschäft verzichten. Anlass für die Ermittlung der Steuerfahndung waren vergleichbare Verfahren bei Schrotthöfen und Recyclinghöfen, denen zufolge vielfach nur sog. „Schreiber“ tätig waren, welche zu dem Zweck eingeschaltet waren, die tatsächlichen Hintermänner zu verschleiern. Die Betriebsabläufe des Schrottunternehmers im betroffenen Fall waren gründlich organisiert. Ab einem Warenwert von über EUR 5.000,00 pro Jahr wurde von jedem Händler die Vorlage einer Reisegewerbekarte verlangt und die Steuernummer notiert. Ferner wurden die Fahrzeuge, mit denen Schrott und Metalle angeliefert worden gewogen und auf den Wiegekarten notiert, ob es sich um eigenes Material des Lieferanten handelte. Ferner fertigte die Klägerin Kopien der vorgelegten Personalausweise an und nahm die von einigen Lieferanten vorgelegten Bestätigungen der Steuerberater, der zufolge die Lieferanten unter einer angegebenen Steuernummer beim Finanzamt oder als Unternehmer geführt wurden, zu den Akten. Letztere Angaben wurden stichprobenartig überprüft und in vielen Fällen darüber hinaus die Kfz-Kennzeichen der anliefernden Fahrzeuge notiert. Zudem wurden die Unterschriften der Lieferenden unter der ihm erteilten Gutschriften mit den Personalausweisen verglichen. Bei irgendwelchen verbleibenden Unstimmigkeiten wurden Gutschriften lediglich ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis erstellt. Ungeachtet dieser besonders sorgfältigen Dokumentation versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug in vielen Fällen.


Das Finanzgericht hingegen gab der Klage statt, da alle Elemente einer Rechtsstellung nach § 14 Abs. 4 UStG in den unstreitig zuvor vereinbarten Gutschriften enthalten seien. Anders als das Finanzamt, vertrat das Finanzgericht die Auffassung, dass eine unselbstständige Strohmanntätigkeit der Personen nicht nachgewiesen sei. Die Betreffenden seien als Leistende anzusehen, da sie die Leistungen in eigenem Namen erbracht hätten. Das Gericht hatte keinen Zweifel an der Leistung der aufgetretenen Personen. Anhaltspunkte, die gegen einen Glaubwürdigkeit der als Zeugen im Prozess angehörten Personen sprachen, sah das Finanzgericht nicht. Es folgte insbesondere dem Vortrag des Finanzamtes nicht, nachdem die Zeugen mangels persönlicher Branchenkenntnisse sowie finanzieller logistischer und organisatorischer Leistungsfähigkeit nicht hätten als eigene Leistung erbringen können. Gegen die Unternehmereigenschaft breche insbesondere auch nicht, dass die handelnden Personen sich finanzieller Mittel Dritter bedienten, um die Geschäfte auszuführen. Es sei schließlich nicht unüblich, dass Geschäfte fremdfinanziert würden.

 

Zudem betont das Finanzgericht, dass auch ein Strohmann Leistender im Sinne des Umsatzsteuerrechtes sein könne (vgl. BFH vom 31.01.2002, V b 108/01). Ein vorgeschobenes Strohmanngeschäft sei nur dann unbeachtlich, wenn es sich um ein Scheingeschäft handele, was vorliegend nicht der Fall sei. Hierbei liege die Beweislast für das Vorliegen eines solchen Scheingeschäftes bei der Finanzverwaltung.

 

Hinweis vom Rechtsanwalt für Steuerrecht/Steuerstrafverteidiger:

Ungeachtet dessen, dass zum 01.01.2011 das Research-Charge-Verfahren für Schrott, Altmetalle und andere Abfallstoffe eingeführt wurde, wird das Urteil in vielen noch laufenden Verfahren als Argumentationshilfe dienen können. Auch in Steuerstrafverfahren hinsichtlich der Steuerhinterziehung liefert das Urteil Argumentationspotenzial, da sich das Finanzgericht mit der jüngeren Rechtsprechung des BGH vom 08.02.2011 (1 StR 24/10) auseinander gesetzt hat und der Klägerin den Vorsteuerabzug auch nicht mit der Begründung versagte, dass die Klägerin ein auf die Hinterziehung von umsatzsteuerangelegtes Systemeingebunden sei und dies auch gewusst hätte. 

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