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Erfolg in Betriebsprüfung verlangt den Blick auf ein gleichzeitiges Steuerstrafverfahren

Wenn die Betriebsprüfung Unterlagen auswertet, die aus einem Steuerstrafverfahren stammen, sollten zunächst etwaige Verwertungsverbote geprüft werden. Dazu ist aber Eile geboten, wie ein Beschluss des Landgerichts Köln zeigt.

Betroffene Mandanten fragen, ob bei einer Durchsuchung gewonnene Unterlagen gegen sie verwandt werden dürfen. Diese Frage stellt sich für das Steuerstrafverfahren aber auch in einer folgenden Betriebsprüfung durch das Finanzamt.

1. Verwertungsverbote sind im Einzelfall zu prüfen

Rechtswidrige Durchsuchungen und sonstige Maßnahmen in Steuerstrafverfahren führen in Ausnahmefällen zu strafrechtlichen oder gar steuerlichen Verwertungsverboten (vgl. BFH v. 15.4.2015, Aktenzeichen: VIII R 1/13). Ist dies der Fall, so muss der Verteidiger/Steueranwalt besondere prozessuale Aspekte beachten wenn er die Verwertungsverbote durchsetzen will.

2. Anfechtung beim Strafgericht notwendig

Der BFH verlangt eine erfolgreiche Anfechtung der Durchsuchung im strafprozessualen verfahren, also beim Strafrichter. Der BFH sieht eine sogenannte Tatbestandswirkung: Auch wenn eine Durchsuchung rechtswidrig ist, so kann diese steuerlich beim Finanzgericht grundsätzlich nicht als rechtswidrig geltend gemacht werden. Ein steuerliches Verwertungsverbot scheidet dann bereits aus prozessualen Gründen aus. Daher muss der Steueranwalt dafür sorgen, dass die Durchsuchungsbeschlüsse bereits im Strafverfahren angefochten werden. Wenn der Strafrichter dann den Durchsuchungsbeschluss aufhebt, ist das Finanzgericht an diesen nicht mehr gebunden und kann über ein steuerliches Verwertungsverbot entscheiden.

Die Rechtsprechung formuliert es formeller: Beruft sich ein Steuerpflichtiger im Besteuerungsverfahren auf ein Verwertungsverbot, welches im Steuerstrafverfahren entstanden ist, so muss er den ordentlichen Rechtsweg erfolgreich ausschöpfen und Rechtsbehelfe gegen die entsprechende strafprozessuale Maßnahme nutzen (vgl. BFH v. 15.4.2015, Aktenzeichen: VIII R 1/13). Diese BFH-Rechtsprechung zeigt eine weitere Facette der Doppelgleisigkeit der Beratung in Steuer- und Steuerstrafverfahren.

Hinweis der Steueranwälte von LHP: Somit geht der BFH von einer Tatbestandswirkung der rechtswidrigen Dursuchungsbeschlüsse aus. Finanzbehörden und -gerichte müssen die Durchsuchung auch bei Rechtswidrigkeit zugrunde legen und dürften sie nicht als unwirksam behandeln. Nur bei rechtzeitiger strafprozessualer Anfechtung beim Strafrichter ist dies anders. Allein Strafrichter dürfen somit Durchsuchungsbeschlüsse überprüfen.

Im zugrundeliegenden Sachverhalt des oben genannten BFH-Urteils v. 15.4.2015 durfte das Finanzamt die im Wege der unangefochtenen strafrechtlichen Durchsuchung erlangten Erträgnisaufstellungen zur Ermittlung der Kapitaleinkünfte verwerten.

3. Landgericht Köln hilft dem Unternehmer mit aktuellem Beschluss

Oftmals sehen unsere Steueranwälte bei uns zugetragenen Mandaten, dass strafprozessuale Maßnahmen früher nicht angefochten worden sind. Dies ist meist auch nicht sinnvoll, sondern nur dann wenn die Maßnahme rechtswidrig war und sich aus der Anfechtung ein Nutzen ergibt.

Hinweis der Steueranwälte von LHP: Aber wenn die Voraussetzungen für ein solches Verwertungsverbot im Einzelfall vorliegen  und die Beschwerde beim Strafrichter erst spät nachgeholt werden soll, so beruft sich die Justiz teilweise auf Verwirkung. Dies ist so pauschal jedoch nicht richtig, wie die aus Mandantensicht erfreuliche Entscheidung des Landgerichts Köln zeigt.

Das Landgericht Köln hat im Falle eines rechtswidrigen Durchsuchungsbeschlusses diesen aufgrund einer Beschwerde gem. § 304 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) aufgehoben (Aktzeichenzeichen: 106 Qs 46/15).

Zunächst stellte das Landgericht Köln zutreffend fest, dass der Zulässigkeit der Beschwerde nicht der Gesichtspunkt der prozessualen Überholung entgegenstand. Es war somit nicht nachteilig, dass die Durchsuchung bereits erfolgt war. Denn wegen des Eingriffs in das Grundrecht auf den Schutz der Wohnung und des Geschäftsraumes ist bei Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen ein Rechtsschutzinteresse stets gegeben (so das Bundesverfassungsgericht v. 15.7.1998, Aktenzeichen: 2 BvR 446/98). Daher spricht der Umstand, dass die Durchsuchung bereits durchgeführt worden war und nicht mehr andauerte, nicht gegen die Zulässigkeit der Beschwerde. Aufgrund des überrumpelnden Effekts einer schnellen Durchsuchung würde ansonsten zudem das Recht auf effektiven Rechtschutz ausgehölt werden.

Noch interessanter sind aber die weiteren Ausführungen des Landgerichts Köln: Das Landgericht sah die Beschwerde auch nicht aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeitdauer von zwei Jahren seit der  Durchsuchung als verwirkt an. Das Gericht folgte der Argumentation der Verteidigung, dass eine Verwirkung sowohl ein Umstands- als auch ein Zeitmoment voraussetzt (so auch das Bundesverfassungsgericht v.4.3.2008, 2 BvR 2111/07). Hier fehlte bereits das Umstandsmoment, da ein bloßes Schweigen nach zutreffender Ansicht allein kein Umstand ist, der zu einer Verwirkung führen kann. Auch aus der Zeitdauer von zwei Jahren konnte – für sich gesehen – keine Verwirkung abgeleitet werden. Es gibt insofern keine starren Fristen (so ausdrücklich bereits das Bundesverfassungsgericht v. 4.3.2008, Aktenzeichen: 2 BvR 2111/07).

4. Die erfreuliche Folge für den Mandanten

Aufgrund der Aufhebung der willkürlichen Durchsuchungsmaßnahme durch das Landgericht durfte das Finanzamt die im Rahmen der Durchsuchung gefundenen Unterlagen steuerrechtlich nicht verwerten.

LHP weist darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Verwendungs- oder Verwertungsverbotes geprüft werden sollten. Der Weg, wie diese dann prozessual durchgesetzt werden, ist auch im Einzelfall zu beachten. Ansonsten kann dem Mandanten/Unternehmer später der Einwand abgeschnitten sein, dass eine Ermittlungsmaßnahme rechtswidrig war. Beispielsweise wäre ein Durchsuchungsbeschluss des Strafrichters mit der Beschwerde gem. § 304 Abs. 1 StPO anzufechten. Das Finanzgericht hat insoweit keine Prüfungskompetenz.

Mandanten sollten auch einer weitere prozessuale Spezialität der Rechtsprechung beachten: Bei steuerrechtlichen Verstößen kann ein ein steuerrechtliches Verwertungsverbot grundsätzlich nur dann geltend gemacht werden, wenn die entsprechende steuerrechtliche Prüfungsmaßnahme (z.B. Prüfungsanordnung) nach den Regelungen der Abgabenordnung mittels Einspruchs und ggf. finanzgerichtlicher Klage angefochten worden ist oder diese Maßnahme nichtig ist (vgl. BFH v. 28.7.2007, Aktenzeichen: V B 174/05).  Auch dies zeigt die vielen Fallstricke im Besteuerungs- und Strafverfahren. Diese sollten im Einzelfall geprüft und abgeklärt werden.

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