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Sind Gruppenanfragen deutscher Finanzämter in der Schweiz zulässig?

In den Medien und in der Fachliteratur wird zurzeit diskutiert, ob und unter welchen Voraussetzungen so genannte Gruppenanfragen im Ausland (wie z.B. in der Schweiz) zulässig sind. In den Fällen, in denen die Finanzämter die Kontoinhaber nicht namentlich kennen, stellt sich für die Behörden die Frage, auf welchem Wege sie trotzdem von Konten in der Schweiz erfahren können.

Neue Doppelbesteuerungsabkommen = Neue Ermittlungsmöglichkeiten?

So sehen die so genannten großen Auskunftsklauseln der aktuell neu ausgehandelten Doppelbesteuerungsabkommen (hier kurz: DBA) oftmals vor, dass Auskunft gegenüber Deutschland nicht nur dann gegeben werden muss, wenn Deutschland eine konkrete Person als Kontoinhaber benennt. Es soll nach diesen Neuregelungen auch möglich sein, Auskünfte zu bestimmten Gruppen von Personen zu erteilen, ohne dass diese namentlich benannt werden. Hierbei ist erforderlich, dass das deutsche Finanzamt die Gruppe hinreichend definiert (sog. homogene Gruppe).

Beispiel:

Beispielsweise stellt sich die Frage, ob Deutschland an die Schweiz die Frage stellen könnte, welche Personen mit Wohnsitz in Deutschland und einer Bankverbindung in der Schweiz ihr Depot / Konto im Jahre 2014 geschlossen haben.

Was ist eine Gruppenanfrage genau?

Nach dem einschlägigen zwischenstaatlichen Amtshilferecht werden Gruppenanfragen wie folgt definiert: Gruppenanfragen sind Amtshilfeersuchen, mit denen Informationen über mehrere Personen verlangt werden, die nach einem identischen Verhaltensmuster vorgegangen sind und anhand präziser Angaben identifizierbar sind. Es ist jedoch betreffend jeden ausländischen Staat, welcher Auskunft erteilen soll, konkret zu prüfen, ob das jeweilige DBA bzw. die entsprechenden Rechtsgrundlagen eine Gruppenanfrage zulassen.

Sonderfall Schweiz

Nach aktueller Rechtslage ist es durchaus zweifelhaft, ob die Schweiz Gruppenanfragen deutscher Finanzämter beantworten dürfte. Der Kommentar zu Art. 26 des Musterabkommens der OECD wurde erst am 17.06.2012 dahingehend geändert, dass gemäß dem Musterabkommen nunmehr Gruppenanfragen zulässig sein sollen. Dies ist der internationale Standard (OECD). Hier stellt sich zunächst die richterlich noch nicht geklärte die Frage, ob diese Änderung der Kommentierung nur eine klarstellende Bedeutung hat, sodass auch DBA, die zeitlich vor dem 17.06.2012 geschlossen worden sind, im Sinne dieses Kommentars ausgelegt (= interpretiert) werden können. Das Abkommen mit der Schweiz ist vor diesem Datum geschlossen worden, so dass u.U. die Ansicht vertreten werden kann, dass die neue Kommentierung des Musterabkommens im Sinne von Gruppenanfragen nicht anwendbar ist.

Für das aktuelle DBA zwischen Deutschland und der Schweiz ist zudem die Besonderheit zu beachten, dass dieses Abkommen nach Ansicht der Schweiz nur Amtshilfe in Einzelfällen vorsieht, sodass dieses Abkommen zunächst angepasst werden müsste.

Hinweis der Steueranwälte aus Köln: Daher spricht im Moment wohl mehr dafür, dass die Schweiz zurzeit keine Amtshilfe bei deutschen Gruppenanfragen leisten würde. Da es sich jedoch um einen umstrittenen Rechtsbereich handelt, kann hierzu naturgemäß keine gesicherte Auskunft gegeben werden. Da die Schweiz sich jedoch generell politisch verpflichtet hat, den internationalen Auskunftsstandard zu unterstützen, spricht viel dafür, dass die Schweiz letztlich auch das DBA mit Deutschland entsprechend modifizieren wird, so dass Gruppenanfragen entsprechend dem internationalen Standard unstreitig zulässig werden. Daher werden spätestens dann die Voraussetzungen für Gruppenanfragen vorliegen. Der zeitliche Horizont für den Beginn von Gruppenanfragen ist jedoch aus heutiger Sicht reine Spekulation. Ob ein Mandant eine Selbstanzeige abgeben will oder nicht, hängt vielmehr auch von vielen anderen Faktoren ab, wie z.B. ob die Bank entsprechend Druck ausübt, der Mandant sich Ruhe erkaufen will oder eine Investition in Deutschland plant.

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