In der Praxis ist aus unserer Erfahrung immer wieder streitig, ob dem Finanzamt bei einer Betriebsprüfung die sog. Schichtzettel vorgelegt werden müssen. Nunmehr hat sich ein Finanzgericht hierzu geäußert.
Das neue Urteil des Finanzgerichts Hamburg zur Schätzung bei Taxiunternehmen:
Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Hamburg sind die Schichtzettel für steuerliche Zwecke aufzubewahren, da nur so die sog. Einzelaufzeichnungspflicht erfüllt werde (FG Hamburg vom 11.11.2014, Aktenzeichen: 6 K 206/11).
Hinweis der Steueranwälte aus Köln: Taxiunternehmen sollten im Hinblick auf künftige Betriebsprüfungen vorsorglich die Schichtzettel aufbewahren. Ansonsten drohen allein aus formellen Gründen Diskussionen um etwaige Hinzuschätzungen. Allerdings verlangt eine Schätzung u.a., dass das Finanzamt darlegen kann, dass hinreichende Zweifel an der inhaltlichen Unrichtigkeit der bisherigen Steuererklärungen bestehen.
Wie sah der konkrete Sachverhalt des o.g. Urteils zur Schätzung aus?
Der Kläger betrieb ein Taxenunternehmen mit mehreren Fahrzeugen. Er ermittelte seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG (sog. Einnahmen/Überschuss-Rechnung). Im Rahmen der Betriebsprüfung stellte sich heraus, dass keine täglichen Kassenberichte mit der Ermittlung der Tageseinnahmen vorlagen. Grundaufzeichnungen der einzelnen Fahrer in Form von Schichtzetteln wurden dem Betriebsprüfer auch nicht vorgelegt.
Wie ging der Kläger bei seiner Buchführung konkret vor?
Der Kläger erfasste die Einnahmen am jeweiligen Monatsende für jeden einzelnen seiner Fahrer. Dies geschah jeweils in einem Kassenbericht. Den Betrag der Einnahmen eines jeden Fahrers ermittelte der Kläger aufgrund von Aufzeichnungen für den jeweiligen Monat. In diesen monatlichen Aufstellungen waren folgende Angaben enthalten:
Außerdem erstellte der Kläger Abrechnungen für die einzelnen Fahrer. Diese enthielten folgende Angaben:
Was hat der Betriebsprüfer hierbei bemängelt?
Der Betriebsprüfer beanstandete, dass tägliche Kassenberichte fehlten, welche die Tageseinnahmen ermittelten. Hierzu gehören die sog. Grundaufzeichnungen der einzelnen Fahrer in Form von Schichtzetteln. Der Betriebsprüfer sah darin eine Verletzung von Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten und kam zu einer Hinzuschätzung.
Wie hat das Finanzgericht Hamburg dann über die Schätzung entschieden?
Hinweis der Steueranwälte aus Köln: Vor einer Klage beim Finanzgericht ist das Einspruchsverfahren beim Finanzamt vorgeschaltet. Es sollte in jedem Fall versucht werden, die Möglichkeiten vor einer Klage auszuloten.
Das FG Hamburg vertritt die Ansicht, dass der Betriebsprüfer die Schätzung dem Grunde nach vornehmen durfte. Besonders weist das Gericht darauf hin, dass auch die Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG verlangt, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen werden. Das Gericht weist darauf hin, dass Betriebseinnahmen einzeln aufzuzeichnen sind. Dem Grundsatz nach gelte das auch für Bareinnahmen. Es gibt hierbei jedoch Ausnahmen. Die Rechtsprechung bejaht diese Ausnahmen aber nur aus Gründen der Unzumutbarkeit für bestimmte Berufsgruppen (wie z.B. Einzelhändler), die dann von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden sind.
Hinweis der Steueranwälte aus Köln: Taxiunternehmen sollten vorsorglich die neue Rechtsprechung beachten, dass nur die sogenannten Schichtzettel in Verbindung mit den Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler und dem Taxameter des einzelnen Taxis ablesen lassen, den sich aus der Einzelaufzeichnungspflicht ergebenden Mindestanforderungen genügen. Es gibt unter Umständen nur eine Ausnahme: Die Aufbewahrung der Schichtzettel als Einnahmeursprungsaufzeichnungen ist nur ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (so der Bundesfinanzhof v. 25.10.12, Aktenzeichen X B 133/11).
Aktuell hat NRW wieder einen neuen Versuch gestartet, auf Bundesebene den sog. Fiskalchip einzuführen. Dieser hätte dann u.U. auch Auswirkung auf das Taxengewerbe. Insbesondere ergäben sich auch Auswirkungen auf Gastronomiebetriebe und Einzelhändler (alle Bargeldbranchen).
Auswirkungen der Betriebsprüfung auf Steuerstrafverfahren
Die Praxis zeigt, dass in Bargeldbranchen, besonders auch bei Taxenunternehmen, Steuerstrafverfahren drohen können, wenn die Betriebsprüfung zu erheblichen Hinzuschätzungen gelangt. Auch wird oft das Hauptzollamt eingeschaltet, um die Sozialversicherungsbeiträge zu prüfen.
Hinweis der Steueranwälte aus Köln: Insbesondere bei Betriebsprüfungen in Bargeldbranchen ist eine umfassende Beratung – auch hinsichtlich strafrechtlicher Risiken – sinnvoll. Der Vorwurf einer Steuerhinterziehung kann auch zu einer verlängerten steuerlichen Verjährung führen, so dass u.U. bis zu 13 Jahre rückwirkend Steuern nachzuzahlen sind, wenn sich die Betriebsprüfung mit ihrer Ansicht durchsetzt. Hier ist dann auch die drohende Belastung mit Nachzahlungs- und Hinterziehungszinsen erheblich. Nur eine umfassende Sicht auf den Fall kann den Risiken einer Betriebsprüfung gerecht werden. Die Argumente im Besteuerungs- und Strafverfahren zugunsten des Unternehmers sollten ganz konkret im Einzelfall anhand der Besonderheiten des einzelnen Betriebs herausgearbeitet werden.
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