In der Praxis wird ein Steuerstrafverfahren aufgrund der niedrigen Schwelle eines sog. Anfangsverdachts oft schnell eingeleitet. Ob es später zu einer Verurteilung kommt, ist selbstverständlich eine andere Frage. Hierzu müssen zweifelsfreie Beweise vorliegen.
Der Anfangsverdacht (z.B. als Grundlage für Durchsuchungen) ist jedoch auch deshalb schnell begründet, weil für den Vorsatz der sog. Eventualvorsatz gilt. Für Vorsatz ist somit nicht Wissen und Absicht erforderlich. Es genügt, wenn der Steuerpflichtige billigend in Kauf nimmt, dass es zu einer zu geringen Steuerfestsetzung kommt.
Hinweis der Steueranwälte aus Köln: Der Eventualvorsatz wird nicht selten damit begründet, dass sich der Beschuldigte nicht hinreichend informiert habe und ins „Blaue hinein“ auf Dauer handelte. Ob es sich hier tatsächlich um Eventualvorsatz oder „nur“ um Leichtfertigkeit handelt, ist eine Frage des Einzelfalles. Bei Leichtfertigkeit droht keine Strafe, aber eine Geldbuße (sog. Ordnungswidrigkeit).
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in Bezug auf den Vorwurf der Leichtfertigkeit festgestellt:
„Jeder Steuerpflichtige muss sich über diejenigen steuerlichen Pflichten unterrichten, die ihn im Rahmen seines Lebenskreises betreffen. Dies gilt im besonderen Maße in Bezug auf solche steuerlichen Pflichten, die aus der Ausübung eines Gewerbes oder einer freiberuflichen Tätigkeit erwachsen. Bei einem Kaufmann sind deshalb jedenfalls bei Rechtsgeschäften, die zu einer kaufmännischen Tätigkeit gehören, höhere Anforderungen an die Erkundigungspflicht zu stellen als bei einem anderen Steuerpflichtigen.“ (BGH v. 17.12.2014, Az: 1 StR 324/14).
Der BGH knüpft damit an die bisherige Rechtsprechung an (vgl. auch BFH-Urteil v. 19. 2. 2009, Az: II R 49/07 und BGH-Urteil v. 8. 9. 2001 - 1 StR 38/11). Nach der Rechtsprechung gilt damit: Im Zweifelsfall muss der Steuerpflichtige von sachkundiger Seite Rat einholen.
Hinweis der Steueranwälte: In der Praxis kann das Argument, von bestimmten steuerrechtlichen Voraussetzungen nicht gewusst haben, „nach hinten losgehen“: So hat der BGH im o.g. Urteil v. 17.12.2014 die Ansicht vertreten, dass sich der dortige Angeklagte sachkundiger Hilfe hätte bedienen müssen, um die rechtlichen Voraussetzungen der Vorsteuer zu erfahren. Diese Voraussetzungen kannte er nach eigenem Bekunden nicht.
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