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Keine automatische Schätzungsbefugnis bei manipulierbarer Rechnungssoftware

Der Kläger war ein selbständiger Service-Techniker und nutzte eine Rechnungs- und Buchhaltungssoftware, die unstreitig nicht den GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form) entsprochen hat, da sie es ermöglichte, Rechnungen zu ändern und zu löschen.

Das FG Niedersachsen lehnte die durch die Betriebsprüfung vorgesehene HInzuschätzung ab, da allein die Nutzung dieser Software (verbunden mit geringfügigen Fehlern) kein hinreichender Schätzungsgrund sei. Das Gericht hielt es für „vollkommen unverständlich, warum der Beklagte das bloße Schreiben von Rechnungen mit der Software X anders behandelt, als wenn die Rechnungen mit Microsoft Word geschrieben [und gedruckt] worden wären.“ (Urteil v. 03.06.2021, Rz. 40). Die Schätzung sei „vollständig unangemessen“ (Urteil v. 03.06.2021, Rz. 42).

Das Urteil des FG Niedersachsen zeigt, dass Unternehmer überhöhten Schätzungen keineswegs schutzlos ausgeliefert sind. Im Rahmen dieses Urteils hat sich das Gericht in begrüßenswerter Weise mit der vorrangigen Frage auseinandergesetzt, wie und in welcher Funktion die jeweilige Software eingesetzt worden ist. In der Abwehrberatung gegen Schätzungen sollte daher der konkrete Einsatz der Software beleuchtet werden. Dennoch empfiehlt es sich, im Rahmen der laufenden Beratung zu einer GoBD-konformen Software zu raten. Im vorliegenden Streitfall bestand die Besonderheit, dass der Sicherheitszuschlag der Höhe nach „deftig“ war und daher der Kläger wohl auch deshalb die besondere Aufmerksamkeit des Gerichts bekam. In der Praxis werden Sicherheitszuschläge in streitigen Schätzungsfällen oftmals in Schlussbesprechungen abgemildert, so dass sich die im Einzelfall stellende Schätzungsfragen nicht zu Gericht getragen werden. Umso erfreulicher ist daher, dass das FG Niederdachsen zu der vorliegenden Frage rechtskräftig Stellung nehmen konnte.

Die Steueranwälte von LHP suchen in der Praxis zunächst die Möglichkeit, im Gespräch mit der Betriebsprüfung überhöhte Schätzungen abzuwehren. Sollte dies im Einzelfall nicht möglich sein, sollte beraten werden, ob ein Einspruchsverfahren oder Klageverfahren sinnvoll ist.

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