Im Besteuerungsverfahren ist im Einzelnen streitig, inwieweit der Grundsatz "in dubio pro reo" gilt: Darf das Finanzgericht eine Steuerhinterziehung annehmen, wenn der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt hat?
Diese Frage hat Bedeutung für die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 S. 2 AO, die bei einer Steuerhinterziehung 10 statt 4 Jahre beträgt.
Beispiel: Ein Steuerpflichtiger investiert im Ausland und sorgt nicht dafür, dass er ggf. die dortigen Verträge dem deutschen Finanzamt vorlegen kann. Diese Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO erlaubt dem Finanzamt, einen Schätzungsbescheid zu erlassen. Aber: nur dann, wenn die Festsetzungsfrist von 4 auf 10 Jahre erhöht ist. Hier waren bereits 4 Jahre vergangen. Die 10-Jahres-Frist setzt den Nachweis einer Steuerhinterziehung voraus. Dieser Nachweis kann nicht allein durch die Investition im Ausland und die Mitwirkungspflichtverletzung erbracht werden, so das FG Köln in seinem Urteil v. 22.1.2009, 10 K 398/08.
Folge hier: Weil die Festsetzungsfrist nicht 10, sondern nur 4 Jahre betragen hat, durfte das FA wegen Verjährung keinen Schätzungsbescheid erlassen.
Diese Ansicht steht im Widerspruch zu BFH v. 2.7.1998, IV R 39/97 (Minderung des Beweismaßes). Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Rechtsprechung diesen Widerspruch auflöst.
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