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BGH: Zwang zur Selbstanzeige

I. Bedeutung der Entscheidung:

Aus dem Beschluss des BGH v. 17.3.2009 ergibt sich der Handlungsdruck, eine bereits begangene Steuerhinterziehung richtig zu stellen, wenn sie nicht wissentlich begangen aber billigend in Kauf genommen wurde (1 StR 479/08).

II. Die Ansicht des BGH

Er­kennt ein Steu­er­pflich­ti­ger nach­träg­lich (vor Ablauf der Fest­set­zungs­frist), dass eine von ihm oder für ihn ab­ge­ge­be­ne Er­klä­rung un­rich­tig ist und dass dies zu einer Ver­kür­zung von Steu­ern füh­ren kann, so ist er gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ver­pflich­tet, dies dem Fi­nanz­amt un­ver­züg­lich an­zu­zei­gen und die er­for­der­li­che Rich­tig­stel­lung vor­zu­neh­men.

Eine steu­er­recht­li­che An­zei­ge-​ und Be­rich­ti­gungs­pflicht nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO be­steht nach Ansicht des BGH auch dann, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge die Un­rich­tig­keit sei­ner An­ga­ben bei Ab­ga­be der Steu­er­er­klä­rung nicht ge­kannt, aber bil­li­gend in Kauf ge­nom­men hat (Eventualvorsatz) und er spä­ter zu der si­che­ren Er­kennt­nis ge­langt ist, dass die An­ga­ben un­rich­tig sind.

Der BGH sieht in seiner Ansicht keinen Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit (niemand muss sich selbst dem Verdacht einer Straftat aussetzen): Der Steuerpflichtige habe die Freiheit, eine strafbefreiende Selbstanzeige für die frühere, nun richtig zu stellende Steuerhinterziehung abzugeben. Die Nachzahlungspflicht sei grundsätzlich auch zumutbar.

Problem: Dies bedeutet das Risiko der Strafverfolgung für die frühere Tat, wenn die Nachzahlung nicht fristgerecht erfolgen kann. Der BGH bietet insofern nur eine unbefriedigende Lösung an: Ausnahmsweise könne ein Beweismittelverwertungsverbot eingreifen, wenn die Selbstanzeige wegen einer unzumutbaren und daher undurchführbaren Nachzahlung nicht strafbefreiend wirken kann.

III. Unterschied bei Kenntnis

Wenn die falsche Steuererklärung in Kenntnis der Unrichtigkeit abgegeben wurde, greift die Berichtigungsvorschrift des § 153 AO nicht ein. Die vorstehende Zwangslage kann daher nicht entstehen. Es ist wegen des Gleichbehandlungsgebotes fraglich, dass die Berichtigungspflicht gemäß § 153 AO nach BGH-Ansicht bei Eventualvorsatz vorliegen eingreifen soll.

IV. Dauer der Berichtigungspflicht

Weiterhin stellte der BGH fest: Die sich aus § 153 AO er­ge­ben­de steu­er­recht­li­che Pflicht zur Be­rich­ti­gung von mit be­ding­tem Hin­ter­zie­hungs­vor­satz ab­ge­ge­be­nen Er­klä­run­gen wird strafrechtlich erst mit der Be­kannt­ga­be der Ein­lei­tung eines Steu­er­straf­ver­fah­rens sus­pen­diert, das die un­rich­ti­gen An­ga­ben er­fasst.

V. Hinweis für Erbfälle:

Die Ver­pflich­tung zur Richtigstellung trifft auch den Ge­samt­rechts­nach­fol­ger eines Steu­er­pflich­ti­gen, also die Erben. Insofern stellt sich allerdings nicht die Frage einer Selbstbelastung, da Erbe und Erblasser personenverschieden sind. Allerdings kann das Un­ter­las­sen einer sol­chen Be­rich­ti­gung ih­rer­seits wie­der­um eine straf­ba­re Steu­er­hin­ter­zie­hung dar­stel­len.

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