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BFH: Restschuldbefreiung bei Steuerhinterziehung

Steuerforderungen des Finanzamtes, die im Zusammenhang mit einem Steuerstrafverfahren stehen, schließen nach Ansicht des BFH die Restschuldbefreiung nach Insolvenzordnung nicht aus (Urteil vom 19.8.2008, VII R 6/07).

Sachverhalt:

Der Kläger wurde rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Im Anschluss wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger stellte dann einen Antrag auf Restschuldbefreiung. Das Finanzamt melde die hinterzogenen Steuern als Insolvenzforderungen an.

Die Entscheidung:

Der BFH vertritt die Ansicht, dass Steuerforderungen, die im Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung stehen, keine „Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung“ gemäß § 302 Nr. 1 InsO sind und daher jedenfalls unter diesem Aspekt nicht von einer Restschuldbefreiung ausgenommen sind.

Beurteilung:

Der BFH hat sich mit dieser Entscheidung der überwiegenden Auffassung im insolvenzrechtlichen Schrifttum angeschlossen. Die Entscheidung ist durch die Veröffentlichung im BStBl für die Finanzämter bindend. Der Steuerfahndung wird damit ein beliebtes Argument aus der Hand geschlagen, wenn bei „kühnen“ Nachforderungen des Finanzamtes mit der Insolvenz des Beschuldigten „spekuliert wird“. Der Gesetzgeber plant jedoch wegen dieses Urteils möglicherweise, Steuerforderungen, die im Zusammenhang mit Steuerstrafverfahren stehen, in den Katalog von § 302 InsO aufzunehmen. Insofern wäre dann keine Restschuldbefreiung möglich. Die Gesetzgebung muss insofern im Auge behalten werden, insbesondere die Frage einer Rückwirkung.

Achtung:

Nach BGH und OLG Köln ist entgegen BFH eine Restschuldbefreiung generell ausgeschlossen, wenn eine falsche Steuererklärung in den letzten drei Jahren abgegeben wurde (§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InSO). Hingegen soll nach BGH und OLG Köln kein Ausschlussgrund bestehen bei schlichter Nichtabgabe von Steuererklärungen.

Das Bundeskabinett hat am 18.7.2012 durch einen Gesetzesentwurf eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, die vorsieht, dass bei einer Steuerhinterziehung die Steuerschuld von der Restschuldbefreiung ausgenommen sein soll. Es steht noch nicht fest, ob und wann diese Gesetzesänderung in Kraft tritt. Der Bundestag muss noch zustimmen.

Alle obigen Ausführungen sind - wie generell in diesem Blog - unverbindlich, stellen keine Rechtsberatung dar und können eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Jeder Betroffene sollte sich im Einzelfall beraten lassen. Zu beachten ist auch, dass der Gesetzgeber ggf. Änderungen im Insolvenzrecht vornimmt und die Rechtsprechung sich ändern kann.

Tipp:

Die Finanzämter müssen sich bei Vorlage eines Schuldbereinigungsplanes kulanter zeigen (ggf. Ratenzahlung, teilweiser Erlass der Steuer). Nach einem Schreiben des BMF sollen die Finanzämter in diesem Fall wirtschaftlich (!) und nicht nach dem Prinzip der "Gesetzmäßigkeit der Besteuerung" handeln: Das Finanzamt soll prüfen, ob es ggf. durch ein Angebot im Rahmen eines Schuldenbereinigungsplanes wirtschaftlich besser steht (also mehr Geld erhält), als wenn es starr an den festgesetzten Steuern festhält und im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bzw. bei Restschuldbefreiung nur eine geringe Quote bekommt.

Das BMF-Schreiben vom 11.01.2002, IV A 4 - S 0550 -1/02) ist die Grundlage für Verhandlungen mit dem Finanzamt über den Steueranspruch. Diese Verhandlungen erfordern die Erfahrung einer Kanzlei, die regelmäßig in diesem Bereich tätig ist, weil der Weg zu einem Schuldenbereinigungsplan steinig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn neben dem Finanzamt auch die Stadt wegen der Gewerbesteuer als zweite Gläubigerin beteiligt ist.

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