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Betriebsprüfung: Mitwirkungspflichten und Verstöße

Welche steuerliche Konsequenzen können bei Pflichtverstößen in Betriebsprüfungen drohen?

Sofern Mitwirkungspflichten verletzt werden, können folgende Wirkungen eintreten:

  • das Finanzamt setzt ein Zwangsgeld (§ 328 AO ) oder ein Verzögerungsgeld (§ 146 Abs. 2b AO ) fest,

  • es wird ein Verspätungszuschlag gem. § 152 AO erhoben,

  • gem. § 160 AO werden bestimmte Betriebsausgaben nicht anerkannt,

  • die Besteuerungsgrundlagen werden gem. § 162 AO geschätzt,

  • strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Sanktionen (z. B. Strafbarkeit der Steuerhinterziehung bei Abgabe unvollständiger und unrichtiger Steuererklärungen).

Erstmals hat sich der BFH im Jahr 2011 mit dem Verzögerungsgeld befasst: Es bestehen nach seiner Ansicht ernstliche Zweifel, ob eine mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben Unterlagen zulässig ist (Beschluss vom 16. 6. 2011 - IV B 120/10, BStBl 2011 II S. 855).

Hinweis von LHP aus Köln: Das Verhältnis von Verzögerungsgeld gem. § 146 Abs. 2b AO zum Zwangsgeld (§ 329 AO ) ist verfahrensrechtlich ungeklärt und die gesetzliche Regelung zeigt, dass der Gesetzgeber hierzu keine Abstimmung vorgenommen hat. Das Verzögerungsgeld kann – obwohl keine Androhung notwendig ist – gegenüber einem Zwangsgeld maximal den zehnfachen Betrag erreichen (250.000 € statt 25.000 € gem. § 329 AO ). Im Unterschied zur Festsetzung eines Zwangsgeldes ist für ein Verzögerungsgeld nach dem Gesetzeswortlaut keine vorherige Androhung notwendig. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob das Zwangsgeld als das mildere Mittel erscheint. Auch wenn viele Fragen zum Verzögerungsgeld noch offen sind, ist zumindest klar, dass bei dessen Bemessung nicht auf generalpräventive Aspekte abgestellt werden darf. Dies bedeutet, dass das Verzögerungsgeld z.B. nicht damit begründet werden darf, dass ein Steuerpflichtiger im Veranlagungsverfahren öfters seine steuerlichen Mitwirkungspflichten nicht erfüllte und insofern Wiederholungsgefahr bestehe. Die angenommene potentielle Wiederholungsgefahr ist eine sachfremde Erwägung, die mit dem Zweck des Verzögerungsgeldes nicht vereinbar ist (FG Münster, Urteil v. 8.2.2019 - 4 K 590/17 AO). Berücksichtigt werden dürfen insoweit allein Verzögerungen beim Steuerpflichtigen, nicht aber generalpräventive Aspekte. Weiterhin ist die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes auch ermessensfehlerhaft, wenn das FA über den Aussetzungsantrag zur Datenüberlassung noch nicht entschieden hat, ohne Ermessenserwägungen anzustellen, warum auf die Datenanforderung vor dieser Entscheidung eine weitere belastende Maßnahme wie das Verzögerungsgeld gestützt werden kann (FG Münster, Urteil v. 8.2.2019 - 4 K 590/17 AO).

Die Neuregelung des Verzögerungsgeldes samt Zuschlag

Die Neuregelung des qualifizierten Mitwirkungsverlangens und des Verzögerungsgeldes samt Zuschlag (§ 200a AO n.F.) sollte in den Blick genommen werden. Diese Regelung gilt für Steuerpflichtige, die ihre Mitwirkungspflichten gem. § 200 AO nicht, nicht rechtzeitig oder nicht hinreichend erfüllen. Ausnahmsweise ist statt eines üblichen Mitwirkungsverlangens gem. § 200 AO auch unmittelbar ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen zulässig, dessen nicht ordnungsgemäße Erfüllung mehrere Rechtsfolgen hat: Es ist von Gesetzes wegen ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festzusetzen. Bei hartnäckigen Verstößen kann hierzu auch ein Zuschlag erfolgen. Zudem verlängert sich die steuerliche Ablaufhemmung von fünf Jahren gem. § 171 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz AO für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, um die Dauer der Mitwirkungsverzögerung, mindestens aber um ein Jahr (daneben sind dortweitere Verjährungsfolgen geregelt).

Zeitliche Anwendbarkeit der Neuregelung

Die Neuregelung zum qualifizierten Mitwirkungsverlangen gilt für nach dem 31.12.2024 entstehende Steuern und Steuervergütungen sowie für früher entstandene Steuern und Steuervergütungen, für die nach diesem Stichtag eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben wird (Art. 97, § 37 Abs. 2 und Absatz 3 EGAO).

Die Steueranwälte von LHP empfehlen, Aufforderungen zur Mitwirkung insbesondere dann gründlich zu prüfen, wenn diese erkennbar über das erwartbare Maß hinausgehen. Bei Bedarf sollten sich die Rechtsanwälte samt Unternehmen hierzu zu positionieren. Insbesondere bei einem gleichzeitigen Steuerstrafverfahren ist die Doppelgleisigkeit der beiden Verfahren und der Unterschied in der Mitwirkungspflicht bei beiden Verfahren zu sehen.

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