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Betriebsprüfung: Können abweichende Rechtsansichten bei der Erfüllung der neuen Mitwirkungspflicht (§ 153 Abs. 4 AO) vertreten werden?

Unternehmen und die sie beratenden Steuerberater sollten bereits in aktuellen Betriebsprüfungen die Neuregelung des § 153 Abs. 4 AO kennen und beachten.  Aufgrund der vielen Fallstricke dieser Neuregelung sollten Fehler vermieden werden, die zudem ggf. eine Haftung des Steuerberaters gegenüber seinem Mandanten auslösen können.

Eine wichtige Frage - neben vielen anderen - ist die Problematik, ob bei der Anzeige und Berichtigung gem. § 153 Abs. 4 AO (neue Mitwirkungspflicht) eine abweichende Rechtsansicht vertreten werden darf als die, welche der Betriebsprüfer vertreten hat.

Zu diesem neuen Thema gibt es naturgemäß zur Zeit (26.04.2024) noch keine Rechtsprechung und damit keine Rechtssicherheit. Daher muss die Neuregelung insbesondere anhand ihres Wortlautes ausgelegt werden. Der  Wortlaut des § 153 Abs. 4 AO verlangt nicht, dass der Verpflichtete (z.B. Unternehmer) der Rechtsansicht des Außenprüfers folgt. Vielmehr kann er bei der Tatsachenmitteilung für den anderen Besteuerungszeitraum eine abweichende Rechtsansicht vertreten (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Kommentar, § 153 AO Rz. 33). 
 

Beispiel: U hatte seine Steuererklärungen abgegeben und diesen eine eigene Rechtansicht zugrunde gelegt, die er dem Finanzamt gegenüber offengelegt hatte. Anschließend wurden drei Jahre dieser Besteuerungszeiträume geprüft. Die Außenprüfung meinte, dass die Rechtsansicht unzutreffend sei und die Bescheide für die drei Jahre wurden bestandskräftig geändert. In diesem Fall ist U nicht gem. § 153 Abs. 1 AO zur Berichtigung der weiteren Steuererklärungen der ungeprüften Zeiträume verpflichtet, weil er keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben gemacht hat. Durch die Neuregelung gem. § 153 Abs. 4 AO n.F. ergibt kann sich nun dennoch eine Mitwirkungspflicht (Anzeige- und Berichtigungspflicht), wenn die weiteren Voraussetzungen dieser Norm im Einzelfall gegeben sind. Da im Steuerrecht das Jahressteuerprinzip gilt, kann U versuchen, dass seine Rechtsansicht in den weiteren - nicht geprüften - Zeiträumen beibehalten bzw. zugrunde gelegt wird (z.B. weil ein neuer Berater einen neuen Begründungsansatz nutzt oder sich aktuell ein passendes FG-Urteil findet). 

Hinweis der Steueranwälte von LHP: Die abweichende Rechtsansicht sollte bei Erfüllung der Mitwirkungspflicht nach § 153 Abs. 4 AO n.F. als solche für das Finanzamt offengelegt werden, also erkennbar sein. In einem entsprechenden Schreiben können die Tatsachen mitgeteilt werden und die eigene Rechtsansicht offengelegt werden. Sollte der Verpflichtete geänderte Steuererklärungen abgeben, so dient dieses begleitende Schreiben der Erläuterung und eigenen Absicherung. Ist die eigene Rechtsansicht erkennbar und vertretbar, kann diese abweichende Rechtsansicht nicht zum Vorwurf gemacht werden. Auch wenn sich die Pflicht des § 153 Abs. 4 AO n.F. auf eine Tatsachenmitteilung bezieht, so sollte vorsorglich die bisherige Rechtsprechung beachtet werden, die bei Tatsachenmitteilungen verlangt, dass diese für das Finanzamt prüffähig (überprüfbar) sind und daher die Offenlegung abweichender Rechtsansichten verlangt (BGH, Urteil v. 10.11.1999, 5 StR 221/99). Auch wenn diese Rechtsprechung zur Abgabe von Steuererklärungen ergangen ist und bisher nicht geklärt ist, ob auch § 153 Abs. 4 AO diesen Anforderungen genügen muss muss, sollte die Offenlegung in der Beratung vorsorglich geschehen. 
 

Die Steueranwälte von LHP raten dazu, bereits in laufenden Betriebsprüfungen die neue Regelung des § 153 Abs. 4 AO in den Blick zu nehmen, da sich erhebliche Auswirkungen auch für weitere Zeiträume ergeben können. Verstöße gegen die neue Mitwirkungspflicht können einen steuerstrafrechtlichen Vorwurf auslösen, worauf hier unsere Steuerstrafverteidiger hinweisen. In der Einzelfallberatung sollten die Aspekte des § 153 Abs. 4 AO daher erörtert werden.

 

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