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StartAktuellesSteuerstrafrechtliche Risiken bei Eintragungen in ein Deutsches Register (Patent, Marken, Geschmacksmuster etc.) – keine vollständige Entwarnung, aber Gesetzesentschärfung durch das JStG 2022 für sog. Registerfälle

Steuerstrafrechtliche Risiken bei Eintragungen in ein Deutsches Register (Patent, Marken, Geschmacksmuster etc.) – keine vollständige Entwarnung, aber Gesetzesentschärfung durch das JStG 2022 für sog. Registerfälle

Was sind "Registerfälle"?

§ 49 EStG regelt die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte. Aufgrund der Regelung in einem kleinen und daher oftmals übersehenen Nebensatz des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG a.F. gehörten zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Einkünfte, die durch die Lizensierung oder Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind, erzielt wurden.

Vor allem den Verantwortlichen von international tätigen Unternehmen ist bzw. war diese Regelung nur schwer zu vermitteln, da es dem Wortlaut nach für die Besteuerung nur auf die Eintragung ankam, nicht jedoch auf eine Verwertungshandlung in Deutschland.

Wie war die Rechtslage bei Registerfällen bislang?


Ausgangsfall: Eintragung einer Lizenz in ein inländisches Register

Ausweislich des Wortlauts war bis zum Inkrafttreten des JStG 2022 allein die Eintragung in dem entsprechenden Register (Patentrolle, Markenregister, Register für eingetragene Designs, Sortenschutzrolle) für die Besteuerung maßgeblich. Auf eine Verwertung des eingetragenen Rechts in Deutschland kam es somit nicht an, ebenso wenig auf die Ansässigkeit des Rechtinhabers oder einer Gesellschaft/Betriebstätte in Deutschland: Wenn also weder der Lizenzgeber noch der Lizenznehmer in Deutschland ansässig waren, noch im Inland eine Betriebsstätte unterhalten haben, konnten allein die aufgrund der Registereintragung erfolgten Zahlungen (z.B. für Royalties/Lizenzgebühren, Nutzungs- und Verwertungsrechte etc.) der beschränkten Besteuerung in Deutschland unterliegen (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG a.F.).

Dies führte in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass die Finanzbehörden aufgrund der Einsichtnahme in die entsprechenden Register Kenntnis von Eintragungen erlangten und anschließend überprüfen konnten, ob die Besteuerung ordnungsgemäß erfolgt ist. Gleichzeitig fehlte bei Unternehmen das Bewusstsein und die Kenntnis, dass die Zahlungen auch ohne einen steuerlichen Anknüpfungspunkt in Deutschland (durch eine Tochtergesellschaft oder Betriebstätte) in Deutschland beschränkt steuerpflichtig waren.

Bezüglich der Eintragung von Marken gilt eine Besonderheit: Diese können beispielsweise europaweit als sog. European Union Trademark auf EU-Ebene eingetragen werden (Sitz ist Alicante, Spanien). Der Eintrag auf EU-Ebene stellt keinen Eintrag in ein inländisches (deutsches) Register dar, der Schutz erstreckt sich jedoch auch auf Deutschland. Für Patente besteht diese Möglichkeit nicht. Aufgrund einer Eintragung in dem Europäischen Register in Alicante entfielen die Voraussetzungen für eine beschränkte Steuerpflicht in Deutschland für die Fälle, für die kein anderer inländischer steuerlicher Anknüpfungspunkt gegeben war.

Sonderfall: Zeitlich befristete Rechteüberlassung

Mit BMF-Schreiben vom 11.02.2021 (IV B 8 - S 2300/19/10016 :007, BStBl I 21, 301) vereinfachte die Finanzverwaltung ihre Praxis für zeitlich befristet überlassene Rechte. Auf den Abzug der Quellensteuern und die Abgabe von Steueranmeldungen durfte unter weiteren Voraussetzungen (s. u.) verzichtet werden (sog. Vereinfachtes Verfahren).

Ursprünglich galt als Frist für die Stellung dieses Antrags der 31.12.2021 für Vergütungen, die bis zum 30.09.2021 zuflossen.

Diese Frist wurde mit Schreiben des BMF vom 14.07.2021 (IV B 8 - 2300/19/10016 :007, BStBl I 21, 1098) bis zum 30.06.2022 verlängert. Betroffen waren hiervon Vergütungen, die bis zum 01.07.2022 zuflossen.

Kurz vor Ablauf auch dieser Frist erfolgte eine erneute Verlängerung bis zum 30.06.2023, für Vergütungen, die bis zum 30.06.2023 zufließen (BMF-Schreiben vom 29.06.2022; IV B 8 - S 2300/19/10016 :009, BStBl I 22, 957).

Voraussetzungen für die Teilnahme an dem vereinfachten Verfahren

  • Der Vergütungsschuldner darf weder seinen Sitz noch den Ort der Geschäftsleitung im Inland haben.
  • Der Vergütungsgläubiger muss bei Zufluss der Vergütung in einem Staat ansässig sein, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat. Er muss als Empfänger der Zahlung nach dem jeweiligen DBA abkommensberechtigt sein. Zusätzlich muss ihm die Entlastungsberechtigung von im Inland erhobenen Steuern nach dem DBA unter Berücksichtigung von § 50d Abs. 1 S. 11 und Abs. 3 EStG zustehen.
  • Der Vergütungsgläubiger (bzw. der von ihm bevollmächtigte Vergütungsschuldner) muss fristgerecht grds. für jedes Vertragsverhältnis einen gesonderten Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug analog § 50d Abs. 2 S. 1 EStG beim BZSt stellen.

Was sich für die Registerfälle durch das JStG 2022 ändert

Ziel des JStG 2022 ist u.a. die weitgehende Entschärfung der Registerfälle für die Zukunft und rückwirkende Entschärfung für Drittlizenzen.

Hierfür wurde beispielsweise der Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG geändert: Zum einen wird die Definition der „Rechte“ angepasst, indem zwischen den Rechten im Sinne des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und sonstige Rechten, insbesondere Patent-, Marken- oder Sortenrechte, unterschieden wird.

Zum anderen wurde in Doppelbuchst. bb) ein neuer Satz 2 eingefügt: „Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.“

Im ursprünglichen Entwurf des JStG 2022 war statt des letzten Halbsatzes von Satz 2 zu lesen "die Veräußerung nach dem 31.12.22 erfolgt oder Vergütungen nach dem 31.12.22 zufließen".

Aufgrund der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses (BT-Drucks. 20/4729) wurde dieser Teil gestrichen und durch den nunmehr gesetzlich verankerten Text ersetzt. Zur Begründung dieser Abweichung vom Regierungsentwurf wurde ausgeführt: "In Zukunft soll die Registeranknüpfung bei sonstigen Rechten dann nicht mehr zu inländischen Einkünften führen, wenn der Besteuerung die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und die die Anwendung der Abkommen regelnden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes entgegenstehen. Die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, die die Anwendung der Abkommen regeln, sind beispielsweise § 50d Absatz 3 und Absatz 11a EStG und sind bei der Bestimmung des Vorliegens der beschränkten Steuerpflicht zu berücksichtigen. Damit wird die Besteuerung in diesen Fällen künftig bereits auf Tatbestandsebene auf die Fälle beschränkt, bei denen der Empfänger der Einkünfte sich nicht auf ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung berufen kann.“

Was sind die praktischen Konsequenzen der Neuregelung für Registerfälle?

Es ist nunmehr zu unterscheiden zwischen:

  • konzerninternen Transaktionen,
  • Transaktionen zwischen fremden Dritten und
  • Fällen, in denen der Lizenzgeber in einer Steueroase ansässig ist.

Konzerninterne Transaktionen

Hierzu folgendes Beispiel: Eine in Frankreich ansässige SARL ist 100% Anteilseignerin einer in Italien ansässigen S.r.l. und überlässt dieser immaterielle Wirtschaftsgüter zur Nutzung gegen Zahlung einer fremdvergleichsüblichen Gebühr. Das der Lizenz zugrunde liegende immaterielle Wirtschaftsgut wurde u.a. in Deutschland patentiert. Eine Betriebsstätte in Deutschland hat weder die französische SARL noch die italienische S.r.l. Aufgrund der vorhandenen Lizenz stellt die italienische S.r.l. diverse Güter her und vertreibt sie weltweit.

Nach der Neuregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG handelt es sich bei den der Lizenz zugrundeliegenden immateriellen Wirtschaftsgütern der französischen SARL um ein "sonstiges Recht". Die italienische S.r.l. ist in diesem Beispiel eine 100%ige Tochtergesellschaft der französischen SARL und damit zwar eine nahestehende Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG. Eine Besteuerung findet aufgrund der Neuregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) Doppelbuchst. bb) S. 2, 2. AlternativeEStG jedoch nicht statt.

Transaktionen zwischen fremden Dritten

Zur Verdeutlichung sei das vorstehende Beispiel herangezogen, lediglich mit dem Unterschied, dass die französische SARL ihr immaterielles Wirtschaftsgut an die italienische S.r.l. überlässt, die jedoch für sie nun ein fremder Dritter sein soll.

Vor Inkrafttreten des JStG 2022 hätte die italienische Lizenznehmerin grds. Quellensteuern aufgrund der Lizenzzahlungen einbehalten müssen. Ausnahmen galten dann, wenn die französische Lizenzgeberin eine Freistellungsbescheinigung vorweisen konnte oder (fristgerecht) den Antrag nach dem vereinfachten Verfahren gestellt hat (s. oben).

Mit Inkrafttreten des JStG 2022 wird es für ausländische Unternehmen leichter: Denn entsprechend des Berichts und der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses wird die Besteuerung in diesen Fällen bereits auf Tatbestandsebene auf die Fälle beschränkt, bei denen der Empfänger der Einkünfte sich nicht auf ein DBA berufen kann. Insofern ist künftig insbesondere der Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung beim BZSt entbehrlich (s. BT-Drucks. 20/4729).

Beteiligung von in Steueroasen Ansässiger

Mittels JStG 2022 wurde im Zusammenhang mit der Regelung betreffend die Registerfälle in § 49 Abs. 1 EStG auch § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAbwG geändert: "Über § 49 EStG hinaus liegen steuerpflichtige Einkünfte derjenigen (…), die in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässig sind, auch vor, soweit sie Einkünfte erzielen aus (...) der Vermietung und Verpachtung oder der Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind."

Lizenzzahlungen des Lizenznehmers an den in einem nicht kooperativen Drittstaat (s. sog. "Schwarze Liste" der EU) ansässigen Lizenzgeber bleiben aufgrund der Neuregelung in § 10 StAbwG somit in Deutschland steuerpflichtig. Hierbei ist es im Übrigen irrelevant, ob die Zahlungen zwischen fremden Dritten oder nahestehenden Personen i.S.d. § 2 AStG erfolgen.

Zusammenfassung:

Registerfälle waren in der Vergangenheit ein großes Ärgernis, nicht selten knüpften sich steuerstrafrechtliche Konsequenzen für Unternehmen und der gesetzliche Vertreter (Vorstände, Geschäftsführer) daran. Ob die nun durch das JStG 2022 entschärfte alte Rechtslage wegen der unterschiedlichen Besteuerungsfolgen – willkürlich abhängig vom Ort der Eintragung in Deutschland (z.B. Patentamt München) oder Spanien (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum [EUIPO], Alicante) europarechtswidrig war oder nicht, wird ggfs. noch geklärt werden. In Altfällen, die steuerlichen und/oder steuerstrafrechtlichen Ermittlungen unterliegen, sollten Betroffene jedenfalls ausreichend qualifizierten Rechtsrat einholen. Die Änderungen im JStG 2022 haben – was zu begrüßen ist – erhebliche Brisanz aus den Registerfällen genommen. Gleichwohl wurde das „Problem“ nicht für alle Unternehmen/Steuerpflichtige in Gänze beseitigt.

LHP Rechtsanwälte und Steuerberater berät mit seinen Fachanwälten und Fachberatern für Steuerrecht und Internationales Steuerrecht regelmäßig Unternehmen in Registerfällen. Wir sind seit über 25 Jahren ausschließlich im Steuerrecht und Steuerstrafrecht tätig, denn das können wir besonders gut.

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