Für eine Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen bestehen vielfältige Gründe: Sei es zum einen, um unliebsame Kinder oder Enkel nicht in den Genuss des mühsam erworbenen Vermögens kommen zu lassen, sei es um das Vermögen als Ganzes zusammenzuhalten, um beispielsweise den Lebensunterhalt des überlebenden Ehepartners zu sichern oder ein Unternehmen fortzuführen, sei es um das Vermögen vor dem Zugriff von Gläubigern zu schützen.
Die Entziehung des Pflichtteils ist nur bei schweren und schuldhaften Verfehlungen möglich. Die Entziehungsgründe sind abschließend im Gesetz geregelt. Danach kann den Abkömmlingen (Kinder, Enkel), dem Ehegatten und den Eltern der Pflichtteil entzogen werden:
Ist ein Kind überschuldet oder führt es einen verschwenderischen Lebenswandel besteht die Möglichkeit, das Pflichtteilsrecht zu beschränken, um das Vermögen vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. Zu diesem Zweck kann das Kind als Vorerbe und dessen gesetzliche Erben als Nacherben oder Nachvermächtnisnehmer eingesetzt werden. Auch ist die Anordnung einer Testamentsvollstreckung auf Lebenszeit des Kindes möglich. Eine solche Regelung muss in einer Verfügung von Todes wegen getroffen werden.
Daneben bestehen verschiedene Möglichkeiten, den Pflichtteil zwar nicht ganz auszuschließen, aber doch zu mindern:
1. Schenkung
Je weniger Vermögen im Zeitpunkt des Todes vorhanden ist, desto geringer ist der Pflichtteilsanspruch. Der Pflichtteilsanspruch kann deshalb dadurch gemindert werden, dass Vermögenswerte noch zu Lebzeiten an andere Personen verschenkt werden. Um das Vermögen vollständig aus dem Pflichtteilsanspruch herauszuhalten, muss die Schenkung jedoch mindestens zehn Jahre vor dem Tod des Schenkers vollzogen worden sein. Bei Schenkungen innerhalb der Zehnjahresfrist wird die Schenkung graduell immer weniger berücksichtigt, je länger die Schenkung zurückliegt. Bei Schenkungen an den Ehegatten läuft diese Zehnjahresfrist erst ab der Auflösung der Ehe. Zuwendungen an den Ehegatten sind nur dann keine Schenkung, und unterfallen damit nicht der Frist, wenn sie unterhaltsrechtlich geschuldet sind oder als Vergütung für eine konkrete Gegenleistung erfolgen. Hierzu ist eine umfangreiche Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten erforderlich. Pflicht- und Anstandsschenkungen mindern den Pflichteilsanspruch unabhängig vom Zeitpunkt der Schenkung. Behält sich der Schenker eines Hauses oder einer Eigentumswohnung daran den Nießbrauch vor, wird dieses allerdings bei der Berechnung des Pflichtteils trotz der Schenkung berücksichtigt - vermindert um den kapitalisierten Wert des Nießbrauchs. Bei Schenkungen muss im Übrigen stets die Schenkungsteuer beachtet werden. Der Pflichtteilsberechtigte muss sich auf den Pflichtteil anrechnen lassen, was der Erblasser ihm zu Lebzeiten mit der Bestimmung geschenkt hat, dass es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll.
2. Veräußerung gegen Rente oder dauernder Last
Statt einer Schenkung kann eine Veräußerung von Gegenständen gegen Zahlung einer monatlichen Rente bis zum Lebensende erfolgen. Die unter Berücksichtigung der Lebenserwartung voraussichtlich zu zahlenden monatlichen Rentenbeträge müssen allerdings dem Verkehrswert des Gegenstandes entsprechen, um eine steuerpflichtige teilweise Schenkung zu vermeiden.
3. Vereinbarung über den Güterstand
Bei Beendigung des gesetzlichen Güterstands mit Vereinbarung von Gütertrennung entsteht eine Zugewinnausgleichsforderung, die schenkungssteuerfrei den Nachlass und damit die Pflichtteilsansprüche mindert.
4. Gesellschaftsbeteiligungen
Da das Gesellschaftsrecht dem Erbrecht vorgeht, besteht die Möglichkeit, das vorhandene Vermögen in eine Gesellschaft einzubringen und den Abfindungsanspruch bei Tod eines Gesellschafters gering zu halten. Die Abfindungsregelung muss allerdings für sämtliche Gesellschafter gleich geregelt sein. Außerdem ist diese Gestaltung nicht bei allen Gesellschaftsformen möglich; des Weiteren muss die Lebenserwartung der Gesellschafter berücksichtigt werden, um eine Schenkung an die übrigen Gesellschafter zu vermeiden. Eine fachliche Beratung ist hier unerlässlich.
Möchte man nicht, dass das Vermögen an die Enkel fällt, besteht die Möglichkeit, ein Kind als Vorerben und eine bestimmte andere Person als Nacherben einzusetzen. Dadurch wird verhindert, dass bei dem Tod des Kindes das Vermögen in Höhe der Pflichtteilsansprüche an die Enkel fällt. Es gelangt dann nämlich gar nicht erst in den Nachlass des Kindes. Eine solche Regelung ist sinnvoll, wenn das Vermögen als Ganzes erhalten bleiben soll, z.B. wenn es im Wesentlichen aus einem Unternehmen besteht, das weitergeführt werden soll. Ergänzend besteht die Möglichkeit, in einem notariell beurkundeten Vertrag auf das Erbrecht oder das Pflichtteilsrecht zu verzichten. Durch einen solchen Vertrag werden auch die Pflichtteilsansprüche der Kinder des Verzichtenden ausgeschlossen.
In einem gemeinschaftlichen Testament setzen sich Ehegatten häufig gegenseitig als Erben ein und bestimmen zugleich, dass nach dem Tod des Letztversterbenden der Nachlass an die gemeinsamen Kinder fallen soll. Diese Regelung hat zur Folge, dass den Kindern nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten Pflichtteilsansprüche gegen den überlebenden Ehegatten zustehen. Die Erfüllung dieser Ansprüche kann den überlebenden Ehegatten in schwere Bedrängnis bringen, insbesondere wenn das Vermögen im Wesentlichen aus dem selbst genutzten Eigenheim besteht. Im schlimmsten Fall müsste dieser dann das Eigenheim verkaufen, um die Pflichtteilsansprüche der Kinder zu erfüllen. Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten, um dies zu verhindern.
Es kann z.B. eine Pflichtteilsklausel in das gemeinschaftliche Testament aufgenommen werden, nach der ein Kind, wenn es nach dem Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtteil geltend macht, auch bei dem Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhält. Um die nötige Flexibilität zu bewahren und steuerliche Freibeträge im Rahmen der Erbschaftsteuer optimal nutzen zu können, ist es allerdings wichtig, darauf zu achten, dass die Geltendmachung des Pflichtteils mit dem Einverständnis des länger lebenden Ehegatten möglich bleibt.
Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit, dass die Kinder dem überlebenden Ehegatten ihren Pflichtteilsanspruch bis zu dessen Tod stunden. Erbschaftsteuerlich wird dies als Erwerb vom letztversterbenden Ehegatten behandelt.
Für die Einzelheiten der Pflichtteilsregelung in einem gemeinschaftlichen Testament ist es sinnvoll, rechtsanwaltlichen Rat einzuholen.
Es bestehen also insgesamt vielfältige Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass das Vermögen auch tatsächlich nach den Wünschen des Erblassers übergeht und nicht durch Pflichtteilsansprüche zersplittert wird.
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