Das deutsche Erbrecht sieht es grundsätzlich nicht vor, dass die engsten Angehörigen des Erblassers leer ausgehen. Ist zum Zeitpunkt des Todes Vermögen vorhanden, haben die einige Erben auch dann noch einen Anspruch auf den Pflichtteil, wenn sie enterbt, im Testament schlicht vergessen oder bei der Verteilung des Nachlasses nicht in angemessener Höhe bedacht wurden. Damit bewertet das Erbrecht die Ansprüche von Nachkommen und Familienmitgliedern grundsätzlich höher als das Recht des Erblassers, über den Verbleib seines Vermögens nach seinem Tod frei zu verfügen. Die Einschränkung der so genannten Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht soll verhindern, dass die gesetzliche Erbfolge durch Streitigkeiten, Familienzwist oder persönliche Vorbehalte aus dem Gleichgewicht gerät: Das Vermögen soll soweit als möglich in der Familie bleiben, die den besonderen Schutz des Erbrechts genießt. Zudem soll ein Testament nicht als Belohnungs- oder Bestrafungsinstrument benutzt werden, das persönliche Ressentiments oder Vorlieben in Form von Enterbung oder Bevorzugung über den Tod hinaus weiterreicht. In gewisser Hinsicht verweist der Pflichtteil so auch an den „höheren Zweck“ der gesetzlichen Erbfolge: Wogen, die zu Lebzeiten des Erblassers innerhalb der Familie geschlagen wurden, sollen durch den Tod geglättet oder zumindest relativiert werden, anstatt sich noch auf nachfolgende Generationen auszuwirken, die sich an den zugrundeliegenden Streit vielleicht gar nicht mehr erinnern können.
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