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BFH bestätigt Zahlungen für den Verzicht auf ein Wohnungsrecht als sofort abziehbare Werbungskosten

Am 20. September 2022 (Az.: IX R 9/21) ist eine praxisrelevante Grundsatzentscheidung des BFH zu sofort abziehbaren Werbungskosten ergangen. Die Entscheidung sorgt für Klarheit in einem bisher umstrittenen Grenzbereich der steuerlichen Einordnung von Ausgleichszahlungen zur Ablösung von Nutzungsrechten an Grundstücken als sofort abzugsfähige Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 EStG oder nachträgliche Anschaffungskosten. Sie dürfte viele Betroffene freuen.

Das Thema:

Geklagt hat ein Mann vor dem Finanzgericht Niedersachsen gegen das Finanzamt –FA--, da das FA eine von ihm an eine Mieterin gezahlte Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe ihres dinglich gesicherten unentgeltlichen Wohnungsrechts (§ 1093 BGB) an einem zuvor von dem Kläger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworbenen Grundstück nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei der Ermittlung seiner Einkünfte anerkannt hatte. Stattdessen wertete das FA und ihm folgend das FG die Ausgleichsentschädigung und die damit im Zusammenhang stehenden Beurkundungskosten als nachträgliche Anschaffungskosten des Wohngebäudes und berücksichtigte den insoweit vom Kläger getragenen Aufwand durch Erhöhung der im Streitjahr anzusetzenden Abschreibung. Dagegen wehrte sich der Kläger mit der Revision. Seiner Ansicht nach dienten die Aufwendungen ausschließlich dazu, das Gebäude zu vermieten und dadurch Einkünfte erzielen zu können.

Die Entscheidung:

Der BFH folgte der Ansicht des Klägers und hob das finanzgerichtliche Urteil auf. Der BFH stützt sich zunächst auf den Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG. Danach sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei dieser Einkunftsart „erwachsen sind“ (vgl. § 9 Abs. 1 S. 2 EStG), das heißt, durch sie veranlasst sind. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, die der BFH auch hier noch einmal betont, können Aufwendungen, die mit der beabsichtigten Vermietung eines noch zu renovierenden Wohngrundstücks anfallen noch bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Genau diesen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den gemachten Aufwendungen zur Beseitigung des unentgeltlichen dinglichen Wohnungsrechts und der erst dadurch ermöglichten Einkunftserzielung aus der daraufhin folgenden Vermietung sieht der BFH im vorliegenden Fall als gegeben an. Denn nur durch Zahlung des Ausgleichsbetrags konnte der Kläger die unentgeltliche Überlassung beseitigen und durch eine entgeltliche Überlassung ersetzen. Die dadurch geschaffene Möglichkeit der entgeltlichen Grundstücksnutzung stellt den Zusammenhang zwischen den getätigten Aufwendungen und den Einkünften her und überlagert nach Ansicht des BFH den zuerst bestandenen dinglichen Bezug.

Die Einordnung:

Die Entscheidung des BFH bedeutet keine Änderung der bisherigen Rechtsprechung des BFH. Sie lässt sich vielmehr als eine Fortsetzung und Präzisierung in die bereits bestehenden Entscheidungen des BFH zum Thema Werbungskosten einreihen. Denn der BFH bleibt bei seiner (älteren) Rechtsprechung, wonach beispielsweise dann von einem Anschaffungsvorgang ausgegangen wird, wenn der Eigentümer eines Grundstücks ein daran bestehendes dingliches oder vermächtnishalber eingeräumtes Wohnungsrecht ablöst, um das Grundstück später selbst nutzen zu können oder um bestehende Unstimmigkeiten mit dem Wohnberechtigten zu beenden. In diesen Fällen fehlt weiterhin der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen getätigten Aufwendungen und einer (künftigen) Erzielung von Einkünften aus Vermietung oder Verpachtung.

Es lässt sich daher als Merksatz für eine Abgrenzung festhalten:

  • Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG liegen vor, wenn die Ausgleichszahlung sich konkret auf beabsichtigte Einkünfte bezieht,
  • dagegen sind solche Ausgleichszahlungen, die nicht konkret mit Einkünften in Bezug gebracht werden können, allein gegenstandsbezogen und dann (zusätzliche oder nachträgliche) Anschaffungskosten.

Praxishinweis:

In einschlägigen Fällen sollte immer überprüft und gegebenenfalls schriftlich festgehalten werden, ob die getätigten Ausgaben (Abfindungszahlungen) konkret mit beabsichtigten Einkünften in einen Zusammenhang gebracht werden können. Ist das der Fall, können die Ausgaben als sofort abzugsfähige Werbungskosten berücksichtigt werden. Andernfalls erhöhen die Ausgaben die Anschaffungskosten und können – bei etwa späterer Einkünfteerzielung – lediglich über die Abschreibung als Kosten geltend gemacht werden.

LHP Rechtsanwälte Steuerberater bietet Rechts- und Steuerberatung zur Steueroptimierung von Ausgleichsentschädigungen für die Ablösung solcher dinglichen Rechte. Wir beraten Sie gerne zur möglichen Ausgestaltung solcher Ablösungsvereinbarungen.

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