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Führen die amtlichen Vordrucke für USt-Voranmeldungen ab 2017 zu erweiterten Erklärungspflichten?

Die neuen Vordrucke für USt-Voranmeldungen (UStVA) seit Januar 20117 sorgen in der Praxis für Rechtsunsicherheit.  Die Sozietät LHP aus Köln weist Ihre Mandanten auf neue Fallstricke hin, die Unternehmer vermeiden sollten.

1. Neuregelung seit 2017

  • Das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.07.2016 hat die Grundlage dafür geschaffen, dass elektronische Erklärungsvordrucke ein sog. qualifiziertes Freitextfeld enthalten müssen. Dies ist bei den UStVA-Vordrucken (USt 1 A) bereits zum Jahr 2017 geschehen:
  • Die Zeile 75 (Kennziffer 23) im UStVA-Vordruck fragt nun danach ob „über die Angaben in der Steueranmeldung hinaus weitere oder abweichende Angaben oder Sachverhalte zu berücksichtigen“ sind.  Entsprechend muss dort eine „1“ eingetragen werden und das FA über die zusätzlichen Angaben auf einem gesonderten Blatt mit der Überschrift „Ergänzende Angaben zur Steueranmeldung“ informiert werden.
  • In Zeile 15 (Kennzahl 22) wird abgefragt, ob der Unternehmer ergänzend zu seiner Erklärung Belege einreicht.

Hinweis von LHP Rechtsanwälte: In der Praxis stellt sich nun die Frage, ob diese Kennziffern die steuerlichen erklärungspflichten erweitern. Können sich aus diesen Neugestaltungen zudem weitere strafrechtliche Risiken ergeben? Wie lassen sich diese Risiken vermeiden?

2. Strafrechtliche Risiken bei elektronischen Erklärungen

Allgemein gilt: Auch bei der Abgabe elektronischer Erklärungen gelten die allgemeinen Regeln des Straf- und Bußgeldrechts. Hieraus hat unser Rechtsanwalt Dirk Beyer in seinen Fachbeiträgen mit Beispielen hingewiesen. Diese sind abgedruckt in  NWB 2016, 1304 (Teil 1) und NWB 2016, 1508 (Teil 2).

Auf diese allgemeinen Risiken soll hier nicht weiter eingegangen werden. An dieser Stelle nur so viel: Für die Frage, wer Täter ist, kann auch dann nicht allein darauf abgestellt werden, wer auf die „Taste gedrückt“ hat. Es ist vielmehr nach der Rollenverteilung im Einzelfall zu prüfen, welche Person bei wertender Betrachtung „die Angaben gegenüber der Finanzbehörde macht“ (vgl. §§ 370, 378 Abs. 3 AO) und damit als Täter in Betracht kommt. Andere Personen können bei Vorsatz als Gehilfe oder Anstifter zu werten sein. Es ist nicht allein entscheidend, wer „auf den Knopf drückt“.

In der Praxis kann z.B. bei Erklärungen, in der eine von der Verwaltungsansicht abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt wird, ein Vorsatzvorwurf drohen. Ein solcher Vorwurf ist so generell allerdings nicht zutreffend.  Allerdings sollte nicht verkannt werden, dass die Praxis teilweise eine strengere Sichtweise vertritt, so dass diese als Risiko einkalkuliert werden sollte. So hat der BGH in seinem Urteil vom 19.12.1990 weitreichende Erklärungspflichten angenommen und die Ansicht vertreten, dass die Pflicht bestehe, sämtliche Tatsachen offenzulegen, die steuerrechtlich erheblich sein könnten. Dies bedeutet für die Praxis, dass im Rahmen der Erklärung vorsorglich offen dargelegt werden sollte, dass eine andere Rechtsansicht als diejenige der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung vertreten wird (Der Sachverhalt muss dem Finanzamt prüffähig zur Verfügung gestellt werden. Diese Regeln galten aber auch schon früher für Erklärungen in Papierform.

3. Neue strafrechtliche Risiken aufgrund Neugestaltung der Vordrucke für USt-Voranmeldungen?

Unser Rechtsanwalt Dirk Beyer weist in seinem Zeitschriftenbeitrag in Der Betrieb 2017, 2197 darauf hin, dass danach zu differenzieren ob die Kennzahl 23 in entsprechenden Fällen aktiviert wird oder nicht. Nach hier vertretener Ansicht sollte zusätzlich danach unterschieden werden, ob die betreffende Erklärung noch vorbereitet wird (also Zeitpunkt vor Abgabe der Erklärung) oder ob es sich um eine Verteidigungssituation handelt. Zudem ist danach zu unterscheiden, ob es sich um eine Zahllast bei der UStVA (sog. „Schwarzbetrag“) oder um einen Erstattungsbetrag (sog. „Rotbetrag“) handelt.

Besonderheit bei der Umsatzsteuer

Zunächst ist die Besonderheit bei der USt zu berücksichtigen, dass der Taterfolg bei der USt bereits mit Abgabe der Erklärung eintritt, da es sich um eine Steuerfestsetzung kraft Gesetzes handelt (vgl. § 168 S. 1 AO). Damit ist es für den Taterfolg und den Vorsatz nach hier vertretener Ansicht bereits aus diesem Grunde unerheblich, ob der Täter davon ausging, dass das FA allein aufgrund der Aktivierung der Kennzahl 23 die Möglichkeit zur Sachverhaltsaufklärung habe oder nicht (vgl. Rechtsanwalt Dirk Beyer in seinem o.g. Fachbeitrag in „Der Betrieb“).

Kennzahl 23 aktiviert

Wenn der Unternehmer die Kennzahl 23 bei einem Schwarzbetrag aktiviert, nicht jedoch den zweifelhaften Sachverhalt offen legt, ist das strafrechtliche Risiko ungeklärt. Aus Verteidigungssicht wird u.a. entscheidend sein, ob er aussagekräftige Unterlagen beigefügt hatte, aus denen sich der steuerrelevante Sachverhalt klar und deutlich ergibt. Sollte der Unternehmer zwar in diesem Sinne aussagekräftige Unterlagen beifügen, aber die Kennzahl 22 (für die Beifügung von Anlagen) nicht aktivieren, so kann der Vorwurf drohen, der Unternehmer habe sich eine Hinterziehung erschleichen wollen. Die Nichtaktivierung der Kennzahl 22 ist dann jedenfalls unschädlich, wenn diese nur aus einfacher Fahrlässigkeit nicht aktiviert wurde. Im Einzelfall hängt die Beurteilung von der persönlichen Überzeugung des Strafrichters ab.

Unterscheidung Rot- und Schwarzbetrag

Anders kann die Beurteilung bei einem sog. Rotbetrag sein. Hierbei handelt es sich um einen Herabsetzung- oder Erstattungsfall und dort tritt die Festsetzung erst mit Zustimmung des Finanzamtes zur Anmeldung ein (§ 168 S. 2 Abgabenordnung). In diesen Fällen kann bis zur Zustimmung des Finanzamtes daher nur eine versuchte Hinterziehung vorliegen. Wenn der Täter geltend macht, dass er mit Rückfragen bzw. Ermittlungen des FA aufgrund der Aktivierung der Kennzahl 23 (bei Nichtoffenlegung) rechnete, so wird dies möglicherweise als Schutzbehauptung gewertet. Eine Nichtoffenlegung ist aus Verteidigungssicht jedenfalls dann straf- und bußgeldrechtlich irrelevant, wenn die erläuternde Erklärung (Offenlegung) nur aus Versehen nicht beigefügt wurde und insofern nur einfache Fahrlässigkeit vorliegt.

LHP aus Köln weist darauf hin, dass strafrechtliche Sanktionen drohen können, wenn zweifelhafte Sachverhalte oder abweichende Rechtsansichten nicht offen gelegt werden. Hier kommt es aber stets auf den Einzelfall an. Mangels Rechtsprechung zur Neuregelung kann nicht sicher beurteilt werden, ob die Beifügung einer Erläuterung bzw. von Unterlagen ein straf- und bußgeldrechtliches Risiko vermeidet, wenn die Kennziffern 22 und 23 nicht aktiviert sind. Vorsorglich sollten bei besonderem Anlass die Kennziffern aktiviert und eine Erläuterung und ggf. Anlagen beigefügt werden. In einer Verteidigungssituation sollte genau geschaut werden, in welcher Verfahrenssituation sich die behauptete Tat befand (Rot- oder Schwarzbetrag). Im Einzelfall können sich gute Verteidigungsargumente ergeben. Auf diese sollte der Unternehmer aber im Vorfeld nicht vertrauen. 

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