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BFH prüft die Richtsatzsammlung

Die Richtsatzsammlung wird nun durch die Rechtsprechung geprüft. Hierzu verlangt der BFH Auskunft vom BMF als Herausgeber der Richtsatzsammlung.

Der BFH hat das BMF mit Beschluss v. 14.12.2022 aufgefordert, einem Revisionsverfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, inwiefern eine Schätzung anhand der Richtsätze der amtlichen Richtsatzsammlung des BMF zulässig ist (X R 19/21). Eine Entscheidung des BFH liegt noch nicht vor.

1. Um diesen Fall ging es:

Im Ausgangsverfahren wurde der Kläger als Betreiber einer Diskothek geschätzt, da seine Kassenführung formell ordnungswidrig war. Im Klageverfahren übte das FG Hamburg seine eigene Schätzungsbefugnis aus und berief sich für die Höhe auf die Richtsatzsammlung und eine weitere amtsinterne Datensammlung. Nach einer Zurückverweisung durch den BFH stützte das FG seine Schätzung nunmehr allein auf die Richtsatzsammlung (FG Hamburg, Urteil v. 13.10.2020 - 2 K 218/18). Diese Schätzung beanstandet der Kläger mit seiner erneuten Revision, da er die Richtsatzsammlung als keine tragfähige Schätzgrundlage ansieht.

2. Beschluss des BFH v. 14.12.2022

Der BFH hat das Revisionsverfahren nun erfreulicherweise zum Anlass genommen, sich grundlegend mit der Rechtsfrage auseinanderzusetzen, inwiefern die Richtsatzsammlung eine Schätzung rechtfertigen kann. In seiner bisherigen Rechtsprechung ging der BFH mit einem Teil der Literatur davon aus, dass eine Schätzung unter Hinzunahme der Richtsatzsammlung des BMF dann möglich ist, wenn eine anderweitige Ermittlung/Schätzung ausscheidet (BFH v. 8.8.2019 – X B 117/18, BFH/NV 2019 S. 1219). Gleichzeitig hatte der BFH in seiner jüngeren Rechtsprechung jedoch bereits betont, dass die Richtsatzsammlung nicht den Blick auf den Einzelfall ersetzen kann. In seinem Beschluss v. 14.12.2022 sieht der BFH nun als klärungsbedürftig an, 

  • welche Einzeldaten mit welchem Gewicht in die Ermittlung der Richtsätze der jeweiligen Gewerbeklasse einfließen, wie die Repräsentativität der Daten sichergestellt wird und ob es Einzeldaten gibt, die von vornherein ausgeschlossen werden;
  • ob die regional zum Teil erheblich unterschiedliche Höhe fixer Betriebskosten (insbesondere Raum- und Personalkosten) der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegensteht;
  • weshalb die Ergebnisse von Außenprüfungen bei sog. Verlustbetrieben unberücksichtigt bleiben, obwohl auch solche Betriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen;
  • ob ganz oder teilweise erfolgreiche Rechtsbehelfe des Steuerpflichtigen gegen die auf eine Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide Eingang in die Richtsatzsammlung finden.

Praxishinweis

Eine Schätzungsmethode darf nur angewandt werden, wenn sie ein vernünftiges und der Realität entsprechendes Ergebnis abbildet (BFH-Beschluss v. 14.8.2018 – XI B 2/18, NWB UAAAG-99263). Es ist daher zu begrüßen, dass der BFH endlich die sich aufdrängenden und seit Jahren in der Praxis immer wieder bestehenden Fragen zur Richtsatzsammlung aufgreift. Die Entscheidung des BFH wird eine grundsätzliche Bedeutung für eine Vielzahl an Fällen haben.

Wir raten dazu, Schätzungsbescheide, die sich wesentlich auf die Richtsatzsammlung stützen, durch Einspruch bis zu einer Entscheidung des BFH offenzuhalten. Den Streit kann sich des Unternehmen ggf. auch in einer Besprechung mit der Betriebsprüfungsstelle "abkaufen" lassen und ein niedrigeres Schätzergebnis aushandeln. Auch kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung unter Hinweis auf die ungeklärten Fragen geprüft werden.

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