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Sind Nachzahlungszinsen bei Steuerhinterziehung abzugsfähig?

Gibt ein Mandant z.B. eine Selbstanzeige wegen Umsatzsteuer ab, so muss er die hinterzogene USt (Unterschiedsbetrag) nicht nur gem. § 233a AO verzinsen, sondern es gilt die Verzinsung gem. § 235 AO (Hinterziehungszinsen).

Im Normalfall setzt das Finanzamt die Hinterziehungszinsen gem. § 235 AO fest und rechnet hierbei die Nachzahlungszinsen i.S. § 233a AO an.

Dies bedeutet für die Frage der Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe: Im Grundsatz gilt zwar, dass die Abzugsfähigkeit bei steuerlichen Nebenleistungen der Abzugsfähigkeit der Hauptschuld folgt (Akzessorietät). Aber die Hinterziehungszinsen zur USt sind durch die Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 8a EStG nicht abziehbar als BA. 

Nun der Sonderfall: Beispiel: Welche Folge ergibt sich, wenn das Finanzamt die Hinterziehungszinsen irrtümlich als "Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO" bezeichnet und festsetzt?

In diesem Sonderfall könnte der Vorrang des § 235 AO gelten, d.h. auch wenn die Zinsen durch das FA als bloße "Nachzahlungszinsen" bezeichnet werden, handelt es sich tatsächlich um Hinterziehungszinsen. Hierfür könnte das BFH-Urteil v. 10.11.2004 sprechen: So hat der BFH entschieden,  dass festgesetzte Nachforderungszinsen, die auf Hinterziehungszinsen gemäß § 235a Abs. 4 AO angerechnet wurden, können nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG (alte Fassung) abgezogen werden (XI R 30/04). Die Nachzahlungszinsen werden durch die Anrechnungsregelung des § 235a Abs. 4 AO nach Ansicht des BFH umqualifiziert (vgl. auch Korn, EStG, § 233a Rz. 15). Diese Rechtsprechung zu § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG könnte auch auf § 4 Abs. 5 Nr. 8a EStG übertragbar sein.

Aber hier besteht im o.g. Beispiel noch eine Besonderheit:  Das Finanzamt hat die Zinsen falsch bezeichnet. Ein Zinsbescheid ist ein Verwaltungsakt, der in Bestandskraft erwächst. Somit hat das Finanzamt durch die falsche Bezeichnung (rechtswidrig) Nachzahlungszinsen i.S. § 233a AO bestandskräftig festgesetzt. Diese Zinsbescheid ist zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig i.S.d. § 125 AO (kann aber z.B. gem. § 129 AO leicht wieder geändert werden, wenn es ein bloßer Tippfehler war). Zumindest wäre diese (formale) Argumentation allein ein zu prüfender Ansatzpunkt in einer Verteidigungssituation. In einer Vorfeld-Beratung sollte diese Ansicht gegenüber dem Mandanten aber nicht vertreten werden, weil nach o.g. BFH-Urteil wohl das Risiko besteht, dass das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 8a EStG teleologisch erweiternd auszulegen sein könnte, also alle Zinsen erfasst, die Hinterziehungszinsen gleichkommen. Allgemein gilt zudem: Der Berater sollte abweichende eigene Rechtsansichten gegenüber dem Finanzamt immer offen und leicht erkennbar mitteilen.

Übrigens gibt es kein Ermessen des FA, ob es Hinterziehungszinsen festsetzt und erst recht kein Wahlrecht zwischen Nachzahlungs- und Hinterziehungszinsen. Hinterziehungszinsen haben Vorrang in der Festsetzung. Das folgt aus der Anrechnungsregelung.  

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