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Aus der Trickkiste des Gesetzgebers: Steuereintreibung nach Verjährung

Lapidar gesagt, sollte eigentlich gelten: „Nur wo Nutella draufsteht, ist auch Nutella drin.“ Diese Regel hat der Gesetzgeber in seiner aktuellen AO-Änderung durch das "Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise" vom 6.6.2020 (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) nicht beachtet. In diesem umfangreichen Gesetzespaket finden sich auch zwei einschneidende Änderungen des Steuerstrafrechts (vgl. das Gasteditorial unseres Rechtsanwalts Dirk Beyer in der Fachzeitschrift NWB Nr. 27/2020, Seite 1969). 

Die erste Neuregelung sieht vor, dass künftig die Einziehung von Taterträgen (Steuervorteilen) gem. § 73 ff. StGB und Wertersatz selbst dann noch angeordnet werden kann, wenn der steuerrechtliche Anspruch bereits durch Verjährung erloschen und nicht mehr durchsetzbar ist (§ 375a AO). In Strafverfahren wird somit künftig die bisher umstrittene Ansicht legalisiert, dass eine Steuereintreibung durch die Justizorgane trotz steuerlicher Festsetzungs- oder Zahlungsverjährung noch möglich ist. Eine solche Ausdehnung widerspricht dem rechtstaatlichen Zweck von Verjährungsfristen, Rechtsfrieden einkehren zu lassen. Die Neuregelung des § 375a AO gilt für alle Steueransprüche, die am Tag nach der Gesetzesverkündung noch nicht steuerlich verjährt sind (Art. 97 § 33 Einführungsgesetz AO – EGAO).

Hinweis von LHP: Durch die Neuregelung droht in Steuerstrafverfahren die Beitreibung von Uralt-Steuern durch die Justiz, die das Finanzamt selbst gar nicht mehr festsetzen und einfordern könnte. Steuerlich ist der Anspruch wegen Verjährung erloschen (§ 47 AO).

Diese neue Einziehungsregelung ist im Zusammenhang mit der verjährungsrechtlichen Neuregelung in § 376 Abs. 1 und 3 AO (neue Fassung)  zu sehen. In § 376 Abs. 1 AO stellt der Gesetzgeber klar, dass bei der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen (also z.B. bei einer Hinterziehung von mehr als EUR 50.000 pro Tat) die strafrechtliche Verjährung gem. § 78b Abs. 4 StGB ruht, wenn das strafrechtliche Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden ist. Außerdem wird in den Fällen einer besonders schwereren Hinterziehung die Grenze der absoluten Verjährung vom Doppelten nun auf das Zweieinhalbfache ausgedehnt (§ 376 Abs. 3 AO). Eine Hinterziehung von mehr als EUR 50.000 pro Tat verjährt strafrechtlich somit spätestens in 25 statt bisher 20 Jahren. Hinzu kommen kann die bis zu fünfjährige Regelung betreffend die Verjährungsruhe.

Die Steuerstrafverteidiger von LHP raten dazu, in geeigneten Fällen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung zu prüfen und ggf. verfahrensrechtlich geltend zu machen. Der Gesetzgeber hat keinen Vertrauensschutz durch eine Übergangsregelung vorgesehen.

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