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Unzutreffende Wertung einer Berichtigung gem. § 153 AO als Selbstanzeige

In der Praxis hören wir bei manchen Steuerfahndern trotz entgegenstehender Verwaltungsanweisungen immer noch die Aussage: "Eine Nacherklärung ist eine Selbstanzeige". So generell stimmt dies selbstverständlich nicht.

Es ist zu unterscheiden:

Selbst das BMF stellte klar: Nicht jede steuerliche Berichtigung gem. § 153 AO ist eine Selbstanzeige gem. §§ 370, 378 Abs. 3 AO wegen einer leichtfertigen oder vorsätzlichen Hinterziehung. Hierauf weist auch das BMF-Schreiben vom 23. 5. 2016 (BStBl 2016 I S. 490) hin (siehe hierzu Rechtsanwalt Dirk Beyer, NZWiSt 2016 S. 234).

In der Praxis ergeben sich faktische Nachteile: Wie sollte reagiert werden, wenn die Ermittlungsbehörde bei einer Berichtigung gem. § 153 AO unzutreffend von einer Selbstanzeige ausgeht? Die Steuerakte wäre selbst bei einer Einstellung des Strafverfahrens gem. § 170 Abs. 2 StPO mit einem Makel behaftet, da zunächst eine Straftat unterstellt wird. Es bestehen darüber hinaus unklare Auswirkungen auf das Risikomanagement der Finanzverwaltung und ggf. könnten Betriebsprüfer auf den Fall aufmerksam werden. Zudem riskiert der Betroffene den Vorwurf, keine vollständige Selbstanzeige gem. § 371 Abs. 1 AO abgegeben zu haben, wenn sich bei der nächsten Betriebsprüfung weiterer Nacherklärungsbedarf ergibt. Eine Selbstanzeige setzt "reinen Tisch" voraus, d.h. sie kann in zahlreichen Fällen nur einmal geschehen, so dass eine Wertung als Selbstanzeige eine künftige Selbstanzeige sperren kann (es gibt aber auch Ausnahmefälle, in denen im Einzelfall Teilselbstanzeigen zulässig bleiben). Diese Nachteile treten ein, wenn die jetzige Nacherklärung unrichtig als Selbstanzeige gewertet wird. Auch drohen Hinterziehungszinsen gem. § 235 AO (besonders bei Erbschaft- und Schenkungsteuer relevant, da dort keine reguläre Verzinsung besteht). Diese Nachteile sollten vermieden werden.

Im konkreten aktuellen Fall konnten die Steueranwälte von LHP auf die BFH-Rechtsprechung verweisen: Nach der BFH-Rechtsprechung darf der Steuerpflichtige darauf vertrauen, dass der Steuerberater die Steuererklärung richtig und vollständig vorbereitet, wenn er diesem die für die Erstellung der Steuererklärung erforderlichen Informationen vollständig verschafft hat (BFH, Urteil vom 29. 10. 2013, VIII R 27/10; vgl. hierzu Rechtsanwalt Dirk Beyer, NWB 12/2016 S. 840). Dies war hier der Fall, da das Darlehen - aus welchem die Mandantin Darlehenszinsen erzielt hatte - dem Berater vorlag und somit mangels Verschulden der Mandantin keine Hinterziehung ihrerseits vorliegen konnte. Hierfür sprach auch, dass der Fehler für die Mandantin nicht spürbar und damit nicht evident war, da der Anteil der fehlenden Besteuerungsgrundlagen an dem zu versteuernden Einkommen geringfügig war. Es lag weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vor.

Es kann das Gespräch mit der Behörde (je nach Einzelfall: Strafsachenstelle, Steuerfahndung, Staatsanwaltschaft) gesucht werden. Wenn dieses Gespräch nicht hilft, kommt ein Antrag an das Amtsgericht in Betracht analog § 98 StPO an das Amtsgericht auf Feststellung, dass das Strafverfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO mangels Hinterziehung einzustellen ist. Nach unserer Ansicht bestehen gute Gründe für die Zulässigkeit eines solchen Antrags (vgl. Rechtsanwalt Dirk Beyer, NWB 2016, S. 3041). Der BGH hat sich hierzu jedoch bisher nicht geäußert. 

Praxistipp der Steueranwälte von LHP: Rein vorsorglich sollte bei jeder Nacherklärung überlegt werden, ob sie notfalls auch die strengen Voraussetzungen einer Selbstanzeige gem. § 371 Abs. 1 AO (z. B. Beachtung der Mindestfrist gem. § 371 Abs. 1 Satz 2 AO für das Vollständigkeitsgebot) erfüllen würde.

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