Ihre Fachanwälte rund um das Thema Steuern
StartAktuellesSchätzung von Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen

Schätzung von Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen

Mit Urteil vom 6. März 2012 (Az. 2 K 101/11) hat der 2. Senat durch die Berichterstatterin entschieden, dass Bescheide nicht schon aus dem Grunde nichtig sind, dass ihnen erheblich voneinander abweichende Schätzungen durch das Finanzamt vorausgegangen sind.

Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung kam das Finanzamt in einem kurz auf die Durchsuchung folgenden Erörterungstermin zu dem Ergebnis, die zu erwartenden Mehrsteuern für die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer würden sich ca. auf 800.000 Euro belaufen, errechnete in einem weiteren Termin einen Betrag von insgesamt 550.000 Euro und bot später unter der Voraussetzung einer Zahlung von insgesamt 170.000 Euro durch die Kläger eine tatsächliche Verständigung an, die nicht zustande kam. Die aufgrund des Steuerfahndungsberichtes erlassenen Steuerbescheide führten zu Mehrsteuern in Höhe von ca. 480.000 Euro. Mit im Rahmen des Einspruchsverfahrens geänderten Bescheiden setzte das Finanzamt zuletzt Mehrsteuern in Höhe von insgesamt rund 225.000 Euro fest.

Die Kläger waren der Meinung, bei der Schätzung von Mehrsteuern zwischen 800.000 Euro und 170.000 Euro würde in geradezu abenteuerlicher Weise gegen alle vernünftigen und sich aufdrängenden Schätzungsgrundsätze verstoßen. Derart unterschiedliche Schätzungsergebnisse lägen nicht innerhalb eines Schätzungsrahmens und müssten daher als willkürlich angesehen werden.

Das Gericht entschied, dass vorausgegangene Berechnungen trotz der erheblichen Differenz zwischen den Schätzungsergebnissen im Rahmen der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der erlassenen Steuerbescheide ohne Bedeutung sind, solange sich die Ergebnisse nicht in Bescheiden niedergeschlagen haben.

Selbst wenn man unterstelle, dass durch die zunächst errechnete hohe Steuernachforderung und die Erläuterung der möglichen strafrechtlichen Folgen bei einer Steuerhinterziehung in dieser Größenordnung Druck ausgeübt worden sei, führe dies nicht zur Nichtigkeit der späteren Bescheide. Außerdem führten selbst überzogene Schätzungen oder grobe Schätzungsfehler nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Rechtswidrigkeit der Bescheide. Etwas anderes sei allenfalls zu erwägen, wenn sich das FA nicht nach dem Auftrag des § 162 Abs. 1 AO an den wahrscheinlichen Besteuerungsgrundlagen orientiert, sondern bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen geschätzt habe. Solche Willkürmaßnahmen, die einen besonders schweren Fehler i. S. von § 125 Abs. 1 AO darstellen könnten, seien jedoch bei der Überprüfung der konkreten Bescheide nicht erkennbar, die Bescheide daher nicht nichtig.

Weiter bestätigte das Gericht, dass das Finanzamt seiner Schätzung kombinierte Mittelwerte aus der amtlichen Richtsatzsammlung für Imbisse, Pizzerien und Gaststätten zu Grunde legen kann, soweit die Schätzung in sich schlüssig, das Ergebnis wirtschaftlich möglich und vernünftig ist.

Die Kläger haben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, das Verfahren ist bei dem BFH unter dem Aktenzeichen III B 51/12 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein

LHP: Rechtsanwälte, Fachanwälte für Steuerrecht, Steuerberater PartG mbB
Köln

An der Pauluskirche 3-5, 50677 Köln,
Telefon: +49 221 39 09 770

Niederlassung Zürich

Tödistrasse 53, CH-8027 Zürich,
Telefon: +41 44 212 3535

Auszeichnungen & Zertifikate als Steuerkanzlei - LHP Rechtsanwälte