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Kassenführung: Dienstleister von Einzelaufzeichnung ausgenommen?

Insbesondere in den sog. Bargeldbranchen sind Prüfungen der Kasse an der Tagesordnung. Hierzu gehören insbesondere die Gastronomie, der Einzelhandel, Taxiunternehmen und z.B. Friseurbetriebe. Betriebsprüfer nehmen in der Regel zielorientiert die typischen Schwachstellen der Kassenführung in den Blick. Die Folge ist: Nicht selten findet der Betriebsprüfer zahlreiche Mängel der Kassenführung und es kommt dann zur Verwerfung der Kassenführung. Die Folge ist dann typischerweise, dass eine steuerliche Hinzuschätzung schnell im Raum steht. Dann dreht sich die Diskussion üblicherweise um die Höhe der Hinzuschätzung. Zahlreiche Einspruchs- und Klageverfahren sind die weitere Folge, wenn eine Einigung mit dem Finanzamt nicht möglich ist.

Hinweis von LHP aus Köln: Spätestens im Rahmen einer Schlussbesprechung sollte der Versuch einer Einigung betreffend die Hinzuschätzung gemacht werden. Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit eines Erörterungstermins gem. § 364a AO bei der Einspruchsstelle. Ein Einspruchs- und Klageverfahren kann erwogen werden, wenn die Gespräche nicht fruchten und die Schätzung die betriebliche Realität verkennt.

Wichtig ist, dass der Gesetzgeber die Aufzeichnungspflicht gem. § 146 Abs. 1 AO geändert hat(generelle Einzelaufzeichnungspflicht). Diese Regelung lautet seit dem 29.12.2016: „Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung nach Satz 1 besteht aus Zumutbarkeitsgründen bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung nicht. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige ein elektronisches Aufzeichnungssystem im Sinne des § 146a verwendet.“

Der Gesetzgeber hat bei dieser Neuregelung die bisherige Rechtsprechung des BFH berücksichtigt. Daher hat das Gesetz einerseits die Vereinfachungsregelung (keine Einzelaufzeichnungspflicht nach Satz 1 bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von Personen) aufgenommen. Gleichzeitig wurde aber auch der letzte Satz neu eingefügt, nach welchem die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht dann nicht besteht (Rückausnahme), wenn der Steuerpflichtige ein elektronisches Aufzeichnungssystem benutzt (z.B. statt einer altmodischen offenen Ladenkasse). Diese Rückausnahme erklärt sich damit, dass dann die Einzelaufzeichnung technisch möglich und damit zumutbar ist.

Der Wortlaut der Neuregelung schafft neue Unklarheit. Denn dieser spricht davon, dass die Vereinfachungsregelung (Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht) nur bei „Verkäufen“ gelten soll. Was gilt jedoch bei Dienstleistungen gegenüber einer Vielzahl von Personen? Der Wortlaut umfasst diese Fälle der Dienstleistungen nicht ausdrücklich. Es könnte aber eine unternehmerfreundliche Gesetzesauslegung dazu führen, dass auch Dienstleistungen gegenüber einer Vielzahl von Personen umfasst werden sollen. Für eine solche Sichtweise könnte sprechen, dass der Gesetzgeber den Wortlaut versehentlich zu eng gefasst hat und der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) eine Gleichbehandlung gebietet.

Hinweis von LHP aus Köln: Es bleibt aber abzuwarten, ob die Rechtsprechung dies auch so sieht. Mandanten sollten daher diese Rechtsunsicherheit kennen. Unangenehm ist es, wenn im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung  dann ein Betriebsprüfer die fehlende Einzelaufzeichnung beanstandet, weil die Rechtsprechung diese Ausnahme bis dahin nicht anerkannt hat. Allerdings bietet es sich im Nachhinein - zu Verteidigungszwecken an - die oben genannte Argumentation zur Ausnahme  bei Dienstleistern nutzbar zu machen. Die Ausnahme gilt in jedem Fall nicht, wenn ein elektronisches Aufzeichnungssystem genutzt wird (vgl. letzter Satz der Neuregelung).

 

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