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Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer innerhalb der EU

Internationales Erbschaftsteuerrecht: Europäische Union

Grenzüberschreitendes schenken und vererben in der EU ist mit vielen Schwierigkeiten behaftet. Mandanten, die Auslandsvermögen erben werden mitunter doppelt zur Kasse gebeten.

EU-weit ist aktuell keine einheitliche Rechtsbasis vorhanden, die die Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften regelt. Jeder Mitgliedsstaat der EU regelt eigenverantwortlich, ob und in welcher Höhe eine Besteuerung von Schenkungen oder Erbschaften vorgenommen wird. So unterscheiden sich die Regelungen in den Mitgliedsstaaten sowohl dahingehend, was besteuert wird, als auch in welcher Höhe Steuern erhoben werden. Von der EU-Kommission wurde in einer Mitteilung vom 15. Dezember 2011 dem Europäischen Parlament, dem europäischen Wirtschafts- und Steuerausschuss und dem EU-Rat empfohlen, das Potential für Doppel-/Mehrfachbesteuerungen zu verringern, indem die nationalen Gesetzgebungen besser aufeinander abgestimmt werden. Die Empfehlungen der Kommission werden wir in einem gesonderten Beitrag darstellen.

Wir möchten Ihnen nachstehend einen groben Überblick über die aktuelle Rechtssituation in Deutschland und der EU geben. Beachten Sie, dass die derzeit in Deutschland geltenden Regelungen.

Regelungen Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand stehen. 

 

1. Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland

Das deutsche Erbschaftsteuersystem ist eine Erbanfallsteuer. Maßgeblich für die Steuerlast ist des einzelnen Erwerbers ist dessen Bereicherung. Es wird also nicht der Gesamtwert des Nachlasses besteuert, sondern nur der Anfall beim jeweiligen Erwerber. Auch die Schenkungssteuer wird anhand der Bereicherung des beschenkten Erwerbers bemessen. 

Das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) unterscheidet zwischen unbeschränkter und beschränkter Erbschaft- oder Schenkungsteuerpflicht. Bei der unbeschränkten Steuerpflicht wird der gesamte Vermögensanfall besteuert, darunter fällt auch der Erwerb im Ausland, während bei der beschränkten Steuerpflicht nur der Vermögensanfall von Inlandsvermögen (im Sinne des § 121 BewG) besteuert wird. Die gesetzlichen Regelungen finden sich in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG (unbeschränkte Steuerpflicht) und in § 2 ErbStG Abs. 1 Nr. 3 (beschränkte Steuerpflicht).

Weiterhin können Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) die unbeschränkte Steuerpflicht einschränken, während andererseits auch die beschränkte Steuerpflicht durch § 4 AStG erweitert werden kann.

In der Praxis werden die Vorschriften des § 2 ErbStG wie folgt angewendet:

a. Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht

Die unbeschränkte Erbschaft- oder Schenkungsteuerpflicht tritt ein, wenn der Erblasser oder Schenker oder der Erwerber Inländer sind. Dabei gelten auch Deutsche, die nicht länger als fünf Jahre dauerhaft im Ausland leben und in dieser Zeit keinen deutschen Wohnsitz mehr aufweisen als Inländer aufgrund der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht.

Auch deutsche Staatsangehörige, die über keinen Wohnsitz im Inland verfügen und sich nicht üblicherweise im Inland aufhalten, allerdings in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen und für diese Anstellung eine Entlohnung aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, unterliegen der unbeschränkten Steuerpflicht, wenn aufgrund der Auslandstätigkeit im Gastland nur beschränkte Steuerpflicht besteht.

Personenvereinigungen, Körperschaften und Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsführung im Inland unterliegen ebenfalls der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht.

Die beschränkte Erbschaft- oder Schenkungsteuerpflicht tritt dann ein, wenn weder der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes, der Schenker zum Zeitpunkt der Schenkung, noch der Erwerber zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gem. § 9 ErbStG Inländer sind.

b. Unterschiedliche Freibeträge nach § 16 ErbStG

Bei einem unbeschränkt steuerpflichtigem Erwerber werden die Freibeträge aus § 16 Abs. 1 ErbStG angewendet, die je nach Steuerklasse und Verwandtschaftsgrad zwischen 20.000 € und 500.000 € liegen. Ein wesentlich geringerer Freibeträge aus § 16 Abs. 2 ErbStG gilt hingegen bei beschränkter und erweitert beschränkter Steuerpflicht, ebenso auch für die erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 4 AStG, die der erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 2 AStG angeglichen ist.

Beschränkt steuerpflichtige Erwerber können auf Antrag einen Vermögensanfall auch für Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandeln lassen, sofern der Erblasser zum Todeszeitpunkt, der Schenker zum Zeitpunkt der Schenkungsausführung oder der Erwerber zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat der EU oder einem Drittstaat hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist.

c. Doppelbesteuerungsabkommen und § 21 ErbStG

Liegt unbeschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor, kann der Erwerb von Auslandsvermögen durch einen deutschen oder ausländischen Erwerber der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Eine Doppelbesteuerung desselben Erwerbs ist dann möglich, sofern auch eine vergleichbare ausländische Steuer erhoben wird. Um dieses zu vermeiden, bestehen mit einzelnen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), in denen die Besteuerungsrechte gegenseitig abgegrenzt werden. Ist ein DBA unmittelbar anwendbares, innerstaatliches Recht geworden, gehen sie gem. § 2 AO dem ErbStG vor.

Ist ein DBA nicht abgeschlossen oder anwendbar, besteht noch die Möglichkeit einen Antrag nach § 21 ErbStG zu stellen und die ausländischen Steuern insoweit auf die fiskalischen Forderungen aus Deutschland anzuwenden, als das Vermögen im Ausland auch deutscher Besteuerung unterliegt. Teilweise sind aber bestimmte Vermögensarten, wie z.B. für ausländisches Kapitalvermögen eine Anrechnung nicht vorgesehen.

2. Der europäische juristische Rahmen

Grenzüberschreitende Erbschaft- und Schenkungsteuern werden im primären Unionsrecht geregelt, welches damit den juristischen Rahmen vorgibt. Die Konkretisierung obliegt in vielen Fällen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH).

Das primäre Unionsrecht basiert in erster Linie auf den Gründungsverträgen der europäischen Gemeinschaften mit allen Anhängen und Protokollen, ebenso auf Vertragsänderungen und Ergänzungen. Daneben zählen allgemeine Rechtsgrundsätze, Gewohnheitsrecht und allgemeines Völkerrecht zum ungeschriebenen primären Unionsrecht.

Es bindet nicht nur die Vertragsparteien, die Mitgliedstaaten, sondern schafft unmittelbar Rechte und Pflichten für Dritte, also für natürliche und juristische Personen in den Mitgliedstaaten. Dem primären Unionsrecht kommt also unmittelbare Geltung zu, die unmittelbare Wirkung ist hingegen davon abhängig, ob es unbedingt und hinreichend bestimmt ist. 

Unbedingt und hinreichend bestimmt sind in der Regel Normen, die Rechte und Pflichten für den Einzelnen enthalten. Es gibt folgende Grundfreiheiten für Bürger der EU:

  • das Recht auf Freizügigkeit,
  • die Warenverkehrsfreiheit,
  • die Personenverkehrsfreiheit,
  • die Dienstleistungsfreiheit und
  • die Kapitalverkehrsfreiheit.

Zudem gelten die grundsätzlichen Prinzipien der Nichtdiskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit und des allgemeinen Diskriminierungsverbots gem. Art. 18 AEUV.

Daher müssen die steuerlichen Vorschriften für einen Erbfall in jedem Mitgliedsland der EU im Einklang mit dem EU-Recht stehen, die Grundfreiheiten müssen also berücksichtigt werden.

Für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sind besonders die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) und die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) einschlägige Grundfreiheiten:

Die Kapitalverkehrsfreiheit verbietet alle Einschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten und zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern. <o:p>

Die Niederlassungsfreiheit zählt zur Grundfreiheit der Personenfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union. Jeder EU-Bürger darf sich in jedem Mitgliedstaat der EU niederlassen. Das gilt auch für juristische Personen, sofern sie nach rechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaates gegründet wurden und die eingetragene Hauptniederlassung ebenfalls in einem Mitgliedstaat ansässig ist.

Die beiden Grundfreiheiten sind also zu unterscheiden: Die Kapitalverkehrsfreiheit gilt im Grundsatz auch bei Beziehungen mit Drittstaaten, während die Niederlassungsfreiheit auf den Raum der EU bzw. EWR begrenzt ist.

Ungeklärt ist bislang, wie das Verhältnis beider Grundfreiheiten für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht europaweit zu bewerten ist. Ein Verfahren ist dem EuGH durch den BFH vorgelegt worden, allerdings noch nicht entschieden.

Generell musste sich der EuGH erst seit 2003 überhaupt mit Fragen zur grenzüberschreitenden Erbschaft- und Schenkungsteuer befassen, bisher sind zehn Fälle dort entschieden worden. Diese sind insofern von großer Relevanz, als dass die Entscheidungen des EuGH für alle Mitgliedstaaten der EU rechtlich bindend sind. In den vergangenen Jahren sind die Probleme insbesondere der Erbschaftbesteuerung in grenzüberschreitenden Sachverhalten immer präsenter, aus diesem Grund wurden bereits rechtliche Schritte gegen Mitgliedstaaten eingeleitet, deren Steuerregelungen nicht mit dem Europarecht in Einklang standen. Die maßgebenden Entscheidungen der EuGH zur Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer werden in einem eigenen Beitrag behandelt. 

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