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Erbschaftssteuerreform 2016 ist beschlossen

Der Bundesrat hat der Erbschaftsteuerreform am 14.10.2016, seine Zustimmung erteilt. Nachdem der Vermittlungsausschuss am 22.9.2016 eine Einigung im Streit um die Erbschaftsteuer erzielen konnte, nahm der Bundestag am 29.9.2016 das Reformgesetz in der durch das Vermittlungsergebnis modifizierten Form an.

Konkret umfasst der Gesetzesentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer in der nunmehr beschlossenen Fassung folgende Eckpunkte:

Verschonungsregelungen:

Durch das Reformgesetz werden keine grundlegenden Änderungen an den Verschonungsregelungen vorgenommen. Die Regelverschonung, der Abzugsbetrag sowie die Optionsverschonung sind weiterhin vorgesehen. Lediglich die Lohnsummenregelung für Kleinbetriebe wird dahingehend modifiziert, dass in drei Stufen für Betriebe von null bis fünf, von sechs bis zehn und von elf bis fünfzehn Beschäftigten Erleichterungen eingeräumt werden. Durch den Vermittlungsausschuss wurde in dem Gesetzentwurf bei der Optionsverschonung – vergleichbar der bisherigen Regelung, aber mit höherem Prozentsatz – eine weitere Voraussetzung aufgenommen. Die Optionsverschonung kann nun nur in Anspruch genommen werden, wenn das begünstigungsfähige Vermögen nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

Erbschaftsteuer bei Familienunternehmen:

Zur Förderung familiengeführter Unternehmen ist ein zusätzlicher Abschlag vom begünstigten Vermögen vorgesehen. Der Abschlag beträgt maximal 30 % des gemeinen Werts und ist vor Anwendung der Verschonungsregelungen zu berücksichtigen. Zu dessen Anwendung ist erforderlich, dass im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung kumulativ Entnahme- bzw. Ausschüttungsbeschränkungen, Verfügungsbeschränkungen und eine Begrenzung der Abfindungshöhe im Falle des Ausscheidens von Gesellschaftern vorgesehen sind, die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Diese Beschränkungen müssen zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung vorliegen und nachfolgend über einen Zeitraum von 20 Jahren eingehalten werden. Hier hat der Vermittlungsausschuss noch auf eine konkrete Regelung der Entnahmebeschränkung gedrungen, sodass die Entnahme oder Ausschüttung höchstens 37,5 % des steuerrechtlichen Gewinns nach Steuern betragen darf. 

Verschonung großer Unternehmensvermögen:

Um der Kritik des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen, werden bei Erwerben von großen Vermögen nicht ohne weiteres die Begünstigungen für Betriebsvermögen gewährt. Beim Erwerb eines begünstigten Vermögens von mehr als EUR 26 Mio. kann entweder die Anwendung eines besonderen Verschonungsabschlags beansprucht oder die Durchführung einer Verschonungsbedarfsprüfung beantragt werden.

Bei Anwendung der Regelung zum besonderen Verschonungsabschlag verringert sich der Verschonungsabschlag von 85 % (Regelverschonung) bzw. 100 % (Optionsverschonung) um jeweils einen Prozentpunkt je volle EUR 750.000, die der Wert des begünstigten Vermögens die Schwelle von EUR 26 Mio. übersteigt. Bei der Regelverschonung entfällt der Abschlag somit ab einem begünstigten Vermögen von über EUR 89,75 Mio. Bei der Optionsverschonung ist gesetzlich explizit vorgesehen, dass der Abschlag ab einem begünstigten Vermögen von EUR 90 Mio. entfällt.

Wird hingegen die Anwendung der Verschonungsbedarfsprüfung beantragt, kommt es zum Erlass der anfallenden Steuer, soweit der Erwerber nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen. Unter das verfügbare Vermögen fallen 50 % der Summe der gemeinen Werte des mit der Erbschaft oder Schenkung mitübertragenen nicht begünstigten Vermögens und des im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bereits vorhandenen erbschaftsteuerlich nicht begünstigten Vermögens des Erwerbers. 

Verwaltungsvermögen:

Betriebsvermögen wird nicht mehr – wie bisher – insgesamt begünstigt, wenn dieses zu maximal 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Vielmehr wird das Verwaltungsvermögen grundsätzlich vollständig aus der erbschaftsteuerlichen Begünstigung von Betriebsvermögen ausgenommen. Als Finanzierungspuffer ist lediglich Verwaltungsvermögen in Höhe von 10 % des gemeinen Werts des Betriebs pauschalierend als begünstigtes Vermögen zu behandeln. Betriebsvermögen wird jedoch insgesamt nicht mehr begünstigt, wenn der Verwaltungsvermögensanteil mindestens 90 % des Betriebsvermögens beträgt.

Wie bereits nach bisherigem Recht erfolgt die Abgrenzung des Verwaltungsvermögens durch einen Verwaltungsvermögenskatalog. Dieser wird allerdings leicht abgeändert. Insbesondere sind Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke nicht mehr dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen, wenn die Überlassung vorrangig dem Absatz eigener Erzeugnisse und Produkte dient und dies – wie durch das Vermittlungsergebnis ergänzt – im Rahmen von Lieferungsverträgen geschieht. Ebenso wurde im Vermittlungsausschuss ausgehandelt, dass neben Kunstgegenständen und Kunstsammlungen nun auch Freizeit- und Luxusgegenstände, wie z.B. Oldtimer, Yachten und Segelflugzeuge, dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen sind.

Soweit das begünstigungsfähige Vermögen ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen ist, wird es vom Verwaltungsvermögen ausgenommen. Durch den Vermittlungsausschuss wurde hier eine Deckelung eingefügt, sodass dieses Vermögen maximal in Höhe des gemeinen Werts der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen kein Verwaltungsvermögen darstellt.

Am Finanzmitteltest wird grundsätzlich festgehalten, sodass entsprechende Finanzmittel, mit Ausnahme von jungen Finanzmitteln, in Höhe von 15 % des Betriebsvermögens (statt nach bisherigem Recht 20 %) nicht dem Verwaltungsvermögen, sondern dem begünstigten Vermögen zugerechnet werden. Um eine missbräuchliche Umqualifizierung von Verwaltungsvermögen in begünstigtes Vermögen zu vermeiden, setzte sich hier im Vermittlungsausschuss eine Einschränkung durch: Der Finanzmitteltest ist nur durchzuführen, wenn das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaft nach seinem Hauptzweck einer originär gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit oder einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dient.

Investitionsklausel:

Weiter ist eine Investitionsklausel vorgesehen, wonach Verwaltungsvermögen im Falle des Erwerbs von Todes wegen rückwirkend in begünstigtes Vermögen umqualifiziert werden kann. Dazu muss das Verwaltungsvermögen nach einem vom Erblasser vorgefassten Plan innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer in Vermögensgegenstände innerhalb des vom Erblasser erworbenen, begünstigungsfähigen Vermögens investiert werden.

Steuerstundung:

Fällt im Falle des Erwerbs von Todes wegen Erbschaftsteuer auf begünstigtes Vermögen an, ist dem Erwerber auf Antrag der Steuerbetrag bis zu sieben Jahre zu stunden, wobei diese im ersten Jahr zinslos erfolgt. In der ursprünglichen Fassung des Reformgesetzes war noch eine zehnjährige zinslose Stundung vorgesehen, die der Vermittlungsausschuss allerdings für zu weitreichend hielt.

Unternehmensbewertung:

Der Kapitalisierungsfaktor für die Ermittlung des Unternehmenswerts nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren wird geändert. Dieser beträgt laut Vermittlungsergebnis bei der Bewertung von nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften und Betriebsvermögen 13,75. 

Zeitliche Anwendbarkeit:

Trotz der zeitlichen Verzögerung im Gesetzgebungsverfahren wird an der bislang vorgesehenen erstmaligen Anwendung festgehalten. So sind die Änderungen im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz auf Erwerbe anzuwenden sein, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entsteht. Die Änderung des Bewertungsgesetzes soll bereits auf Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2015 Anwendung finden.

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